Deutsche Redaktion

Rzeczpospolita: "Kriegsreparationen müßen zurückkehren"

08.07.2021 11:27
Das Thema steht im Zusammenhang mit der Einreichung eines Gesetzentwurfs durch Präsident Andrzej Duda an das Parlament über den Wiederaufbau des Saski-Palastes, des Brühl-Palastes und der Mietshäuser in der Królewska-Straße in Warschau.
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Die Rzeczpospolita schreibt am Donnerstag über ein Gespräch des stellvertretenden Ministers für Kultur und Nationales Erbe, Jarosław Sellin, mit Medien über Kriegsreparationen. Das Thema steht im Zusammenhang mit der Einreichung eines Gesetzentwurfs durch Präsident Andrzej Duda an das Parlament über den Wiederaufbau des Saski-Palastes, des Brühl-Palastes und der Mietshäuser in der Królewska-Straße in Warschau.

Wie Sellin erinnert, haben die Deutschen im Zweiten Weltkrieg den Saski-Palast nach dem Fall des Warschauer Aufstandes absichtlich gesprengt. Deshalb könne man eine solche Situation nicht dulden, dass die Form eines wichtigen Teils von Polens Hauptstadt so aussehe, wie die Deutschen es einst programmiert hätten.

Auf die Frage, was man Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Bezug auf Reparationen aus Deutschland tun könne, sagte Sellin, dass der spezielle parlamentarische Ausschuss, der sich mit diesem Thema beschäftige und eine professionelle, vollständige Dokumentation über Polens materielle Verluste erstelle, seine Arbeit bereits abschließe. Die Summen sollen sich auf Billionen Euro belaufen.

Sellin weise auch darauf hin, dass Deutschland nach dem Krieg an geschädigte Länder verschiedene Arten von Reparationen gezahlt habe. Von den gesamten von Deutschland gezahlten Wiedergutmachungen soll aber nur etwa 1 Prozent dieser Summen Polen erreicht haben. Das sei also eine große historische Ungerechtigkeit, weil Polen im Krieg, der hier am längsten andauerte, die größten materiellen Verluste erlitten habe.

Gehe es nach Sellin, bleibe das Thema der Kriegsreparationen deshalb sehr wichtig und sollte in Zukunft aufgegriffen werden. Polens politische Agenda habe ihre eigene Dynamik, glaube der stellv. Kulturminister und man sollte wissen, wann ein solches Thema zum richtigen Zeitpunkt auf die politische Agenda gesetzt werden sollte, heißt es am Schluss im Blatt.

Dziennik: Deutsche Juristen kritisieren, genau wie Polen, die Europäische Kommission 

Führende deutsche Verfassungsrechtler haben in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Europäische Kommission kritisiert, weil sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet habe. Sie sehen darin einen Eingriff in die Souveränität der EU-Staaten. Dies sei ein Ansatz, der von Polen seit Jahren vertreten werde, erklärt der Europaabgeordnete der Partei Recht und Gerechtigkeit, Prof. Zdzisław Krasnodębski.

Die deutschen Verfassungsrechtler sollen das EU-Vertragsverletzungsverfahren kritisieren, das die Europäische Kommission gegen Deutschland eingeleitet habe, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Mai letzten Jahres entschieden hatte, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Befugnisse überschritten habe, indem sie seit 2015 Anleihen von Ländern der Eurozone kaufte. Dies, so die deutschen Verfassungsrichter, sei teilweise mit dem deutschen Grundgesetz unvereinbar.

Krasnodębski weist darauf hin, dass die deutschen Verfassungsrechtler das von Polen seit vielen Jahren vorgebrachte Argument verwenden, dass das EU-Recht in streng definierten Grenzen verbindlich sei und diese Grenzen derzeit von den EU-Institutionen nicht eingehalten werden.

Seitdem die Europäische Kommission, die zeigen wolle, dass sie alle gleich behandele ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet hat, habe sich plötzlich herausgestellt, dass führende deutsche Verfassungsrechtler, die in der Verletzung der Verträge durch die EU-Institutionen gegenüber Polen und Ungarn nichts Verwerfliches sahen, jetzt protestieren, wenn es um Deutschland gehe. Die Deutschen sollen sogar argumentieren, die Kommission lege "die Axt an die Fundamente der europäischen Integration" und "die Bundesregierung müsse das Verhalten der Kommission zurückweisen und damit die europäische Staatengemeinschaft verteidigen", heißt es weiter.

Die Verfassungsrechtler sollen auch darauf hinweisen, bemerkt der EU-Abgeordnete, dass die Behauptung, die Mitgliedsstaaten könnten mit ihren Verfassungsgerichten die Grenzen der Anwendung des europäischen Rechts nicht überprüfen, bedeuten würde, dass jeder dem Diktat der EU-Institutionen unterworfen wäre.

Polen sei auch der Meinung, dass der EuGH, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament wiederholt die von den Verträgen gesetzten Grenzen überschreiten. In diesem Zusammenhang, stellt Prof. Zbigniew Krasnodębski abschließend fest, sei der Protest der deutschen Juristen erwähnenswert. Man könne sehen, dass dieses Problem auch in Deutschland allmählich wahrgenommen werde.


Piotr Siemiński