Der stellvertretende polnische Justizminister hat die Unabhängigkeit der Richter in den Niederlanden in Frage gestellt, nachdem ein Warschauer Gericht die Auslieferung einer Familie an die Niederlande verweigert hat. Am Montag hat das Warschauer Bezirksgericht auf Ersuchen des Staatsanwalts die Auslieferung einer zweiköpfigen Familie abgelehnt, die mit einem autistischen Sohn aus den Niederlanden nach Polen geflohen war. Auf die Familie wurde ein europäischer Haftbefehl ausgestellt, der in der Regel auf Antrag die Überweisung von EU-Bürgern sicherstellt, obwohl es einige begrenzte Ausnahmen gibt. - Das Gericht hat der Frage der Unabhängigkeit der niederländischen Justiz und der Unabhängigkeit der Richter in den Niederlanden viel Aufmerksamkeit geschenkt - sagte der stellvertretende Justizminister Michał Wójcik gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. - Das niederländische System ist im Verhältnis zum polnischen System überproportional politisiert (...). In den Niederlanden spielen Politiker eine sehr starke Rolle bei der Ernennung von Justizbeamten - fügte Wójcik hinzu. Die polnische staatliche Nachrichtenagentur PAP berichtete, dass der polnische Vizeminister auch festgestellt habe, dass Sterbehilfe in den Niederlanden nach dem 12. Lebensjahr legal sei, was eine Bedrohung für das Leben des autistischen Jungen darstellen könnte. - Wir werden uns Zeit nehmen, um dieses Urteil zu studieren - sagte die niederländische Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Martine Pilaar. - Wir haben keine Sterbehilfe für diesen Jungen geplant, waren aber besorgt über sein Wohlbefinden, seine Gesundheit und seine Entwicklung - erklärte sie gegenüber Reuters. Polen ist seit längerem in einen Streit mit der Europäischen Union über Justizreformen verwickelt, die laut Kritikern die politische Kontrolle über die Gerichte erhöhen. Im Juli hat sich ein niederländisches Gericht geweigert, einen Verdächtigen in einem Drogenfall an Polen auszuliefern und Zweifel an der Unabhängigkeit von polnischen Richtern ausgedrückt.
ls