Deutsche Redaktion

Der Vorsitzende der Regierungspartei weist „Polexit“-Vorwürfe zurück

15.09.2021 15:16
"Wir wollen Teil der EU sein, aber auch unsere Souveränität bewahren", sagte Jarosław Kaczyński. 
Prezes Prawa i Sprawiedliwości Jarosław Kaczyński
Prezes Prawa i Sprawiedliwości Jarosław KaczyńskiPAP/Paweł Supernak

Der Chef der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat einen bevorstehenden "Polexit" zurückgewiesen. Wie Jarosław Kaczyński der polnischen Presseagentur PAP sagte, werde Polen die Europäische Union nicht verlassen, aber ein "souveränes" Mitglied der Gemeinschaft bleiben. Wie er hinzufügte, seien "solche Behauptungen ein Propagandatrick", der von den politischen Gegnern seiner Partei "wiederholt" angewandt werde.

"Wir sehen Polens Zukunft eindeutig in der EU, wollen aber die Krise, in der die Union derzeit steckt, lösen", sagte Kaczyński in dem am Mittwoch veröffentlichten Interview.

Er argumentierte, dass die EU-Verträge "konkretisiert werden müssen, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten gleich behandelt werden". Solche Veränderungen "werden nicht einfach sein (…) der Prozess könnte Jahre dauern".

"Wir werden mit den Brüsseler Besatzern kämpfen"

Zuletzt hatten hochrangige Vertreter der PiS auf einen möglichen "Polexit" angespielt. "Wir müssen darüber nachdenken, wie viel weiter, wie viel mehr wir noch zusammenarbeiten können, damit wir alle in der EU bleiben, und damit diese EU für uns annehmbar ist", hatte PiS-Fraktionschef Ryszard Terlecki in der vergangenen Woche gesagt und auf den Brexit verwiesen. Vize-Fraktionschef Marek Suski sagte in Anspielung auf die Besetzung Polens durch Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg: "Wir werden mit den Brüsseler Besatzern kämpfen."

Corona-Hilfen für Polen gestoppt 

Die Europäische Kommission teilte letzte Woche mit, dass sie beschlossen hat, den EU-Gerichtshof (EuGH) zu ersuchen, gegen Polen finanzielle Sanktionen zu verhängen. Die betreffende Entscheidung betrifft die fortgesetzte Tätigkeit der Disziplinarkammer des Obersten Gerichtshofs zur Bestrafung von Richtern.

- Wir haben die heutigen Entscheidungen getroffen, weil wir glauben, dass die polnischen Behörden nicht wirklich die Absicht haben, den Urteilen des EU-Gerichtshofs nachzukommen - sagte EU-Justizkommissar Didier Reynders gegenüber dem privaten Fersehsender Polsat News.

"Wir haben finanzielle Sanktionen zu einer Zeit beantragt, in der wir den polnischen Wiederaufbauplan bewerten und dadurch positive Veränderungen in der Unabhängigkeit der Justiz in Polen erwarten (…) Es ist möglich, die Auszahlung von Geldern aus dem Wiederaufbaufonds an Bedingungen zu knüpfen - fügte er hinzu.

Kaczyński zeigt sich zuversichtlich 

Auf die Frage, ob er befürchte, Brüssel könnte Polen finanziell bestrafen, antwortete Jarosław Kaczyński: "Natürlich würde ich es vorziehen, wenn das Dokument jetzt akzeptiert wäre, aber meines Wissens gibt es keine politischen Einwände dagegen (…) Ich bin zuversichtlich, dass der Plan in Kürze genehmigt wird", sagte er.

Die Annahme des polnischen Wiederaufbauplans durch die EU-Kommission ist erforderlich, damit Polen die Corona-Hilfen erhalten kann.


PAP/afx/jc