Deutsche Redaktion

Weichsel voller Schmutz

06.09.2019 14:52
Die Havarie in der zentralen hauptstädtischen Kläranlage erhitzt seit mehreren Tagen die Gemüter. Das Problem mit dem Abwasser, gibt es aber schon seit Jahren.
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FAKT: Weichsel voller Schmutz

Die Havarie in der zentralen hauptstädtischen Kläranlage erhitzt seit mehreren Tagen die Gemüter. Das Ereignis wurde schnell Teil der Wahlkampagne vor den Parlamentswahlen am 13. Oktober. Inzwischen habe man die Situation mehr oder weniger im Griff, schreibt die Tageszeitung Fakt. Nachdem das Militär eingegriffen hatte, werde bald eine provisorische Leitung das Schmutzwasser abführen. In der Zwischenzeit seien aber Tausende Liter Abwasser direkt in die Weichsel gelangt. Man sehe zwar keine Gefahr einer Verschmutzung des Trinkwasser-Kreislaufs, dennoch warne man vor dem Baden in der Weichsel und vorm Trinken des Flusswassers.

Auf der politischen Ebene werfe die Regierungspartei den Warschauer Behörden vor, die aus den Reihen der Opposition stammt, sie habe unzulässig gehandelt und habe versucht den Defekt zu verheimlichen. Später wollte sie mit der Regierung nicht zusammenarbeiten, dadurch sei der Fluss immens verschmutzt worden, heißt es. Marek Suski von der regierenden Partei PiS sprach sogar von einer Katastrophe ähnlich wie in Tschernobyl. Sein Parteikollege, Umweltminister Henryk Kowalczyk sah es ähnlich, als er sagte, dass die Havarie katastrophale Auswirkungen auf den Fluss und seine Ufer haben werde. Sollte der Defekt länger dauern, würde das gesamte Leben in der Weichsel auf der Strecke von Warschau nach Gdańsk absterben, warnte der Umweltminister. Was beide Politiker jedoch verschwiegen hatten, sei die Tatsache, dass als die PiS in Warschau regierte, das Niveau der Verschmutzung genauso hoch, wenn nicht höher gewesen war.

Geht es nach Fakt gelangen nach dem Defekt in der Kläranlage ca. 227 Kubikmeter Abwasser pro Tag in die Weichsel. In den Jahren 2002 – 2006, als Politiker der jetzigen Regierungspartei PiS in Warschau regierten, seien es 342 Kubikmeter gewesen.

 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Programm wichtiger als Personalien

Die Nachricht, dass Małgorzata Kidawa-Błońska, die Kandidatin der oppositionellen Partei Bürgerplattform (PO), für den Posten des Premierministers ist, löste eine Welle von Kommentaren aus. Die Entscheidung der Opposition kommentierte unter anderem Polens amtierender Premierminister Mateusz Morawiecki. Wie er sehe, wolle der Vorsitzende der PO, Grzegorz Schetyna auf ein politisches Duell mit Jarosław Kaczyński verzichten, sagte der Politiker spöttisch. Personalien seien für die Regierenden jedoch kein Bezugspunkt, antwortete Morawiecki auf die Frage ob Kidawa-Błońska, ehemalige Sejmmarschallin und prominentes Mitglied der Opposition, ein gefährlicherer Gegner, als der aktuelle Parteichef Schetyna sei.

Für seine Partei und für seine Regierung, so Marawiecki weiter, seien einzig und allein die Bedürfnisse der Polinnen und der Polen von Bedeutung. Seine Partei konzentriere sich seit vier Jahren vor allem darauf, das Lebensniveau der Mitbürger zu erhöhen. Wer ein gefährlicher politischer Gegner sei, werde man erst dann beurteilen können, wenn klar werde, was die Opposition den Wählern anzubieten habe. Seit vier Jahren, so Morawiecki weiter, gäbe es eine Schattenregierung der PO, nur kenne sie keiner. Außerdem habe die Opposition bislang kein konkretes politisches Programm vorgestellt, sagte der Premierminister in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna.

 

RZECZPOSPOLITA: Wer darf Premierminister werden?

Auch die Tageszeitung Rzeczpospolita bezieht sich in ihrem Kommentar auf die letzten Vorschläge der Bürgerplattform (PO), wenn es um die Personalien geht. Die größte Gefahr für einen Politiker seien seine eigenen Worte aus der Vergangenheit, stellt das Blatt fest. Als die Recht und Gerechtigkeit (PiS) im Wahlkampf vor vier Jahren Beata Szydło als die Kandidatin für den Posten des Premierministers vorgestellt hatte, habe man diese Kandidatur ausgelacht, man habe angedeutet, dass der eigentliche Entscheidungsträger sowieso Parteichef Jarosław Kaczyński bleiben werde.

Das gleiche sagte Grzegorz Schetyna, als Mateusz Morawiecki seine Vorgängerin ersetzt hatte und den Posten des Regierungschefs übernahm. Damals sagte Schetyna, dass den Posten des Premierministers immer der Parteichef übernehmen sollte, sonst schaffe man undurchsichtige Strukturen und es sei unklar, wer die eigentliche Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen trage.

Heute schlage der Oppositionspolitiker Grzegorz Schetyna den gleichen Weg wie die jetzige Regierungspartei im Wahlkampf vor vier Jahren ein. Wolle er seine Glaubwürdigkeit bewahren, müsste er aber den Posten des Parteichefs für Małgorzata Kidawa-Błońska frei machen. Oder taugen Worte in der Politik nichts? - fragt die Rzeczpospolita.

Jakub Kukla