Deutsche Redaktion

PiS steuert harten Konflikt mit Richtern an

13.12.2019 13:38
Geht es nach Tomasz Pietryga von der Rzeczpospolita, gießt die Regierung mit ihren Entscheidungen nur Öl ins Feuer. Die Gazeta Polska Codziennie spricht indes von einem Putschversuch der Richter.
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Rzeczpospolita: PiS steuert harten Konflikt mit Richtern an

Die Regierungspartei PiS steuert einen harten Konflikt mit den Richtern an, schreibt in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita der Publizist Tomasz Pietryga. Inoffiziell, so Pietryga, sei bekannt, dass ungewohnte politische Einigkeit zwischen Premierminister Mateusz Morawiecki und Justizminister Zbigniew Ziobro herrscht. Und dies trotz des sonst harschen gegenseitigen Verhältnisses der beiden Politiker. Dies bedeute, lesen wir weiter, dass es weder Konzessionen in Bezug auf den Nationalen Richterrat, noch Änderungen im Disziplinärsystem geben werde, um die Richterorganisationen sowie zahlreiche juristische Autoritäten vor dem Hintergrund der neulichen Urteile des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg sowie des Obersten Gerichtshofs in Polen appelliert hatten. Stattdessen seien noch härtere Strafen vorgesehen, eine Ausweisung aus dem Richterstand für diejenigen, die den juristischen Status ihrer Kollegen in Frage stellen inklusive.

Die neuen Vorschriften, erinnert der Autor, sollen an deutschen und französischen Lösungen angelehnt sein, was das Risiko reduzieren soll, dass der Europäische Gerichtshof sie anfechtet. Die PiS habe sich für diese radikale Lösung entschieden, da die Partei sich bewusst sei, dass einzelne Richter, die den Status ihrer neu in den Richterstand berufenen Kollegen in Frage stellen vielleicht noch keine Gefahr bedeuten. Wenn solche Anträge und Zweifel sich jedoch zu einem Massenphänomen entwickeln, dann könne dies das ganze Justizsystem ins Wanken bringen und einige hundert Richter, die vom neuen Richterrat akzeptiert worden waren, über Bord werfen. Das würde wiederum den Zerfall der von Kaczyński forcierten Reformen und unvorstellbares juristisches Chaos nach sich ziehen.

Werden die neuen Disziplinärmaßnahmen die Richter einschüchtern, oder eher ihre Haltung gegenüber der Regierung radikalisieren? Er persönlich glaube, so der Autor, das sie nur Öl ins Feuer gießen werden. Zudem habe die Regierungspartei die Mehrheit im Senat verloren und daher werde es ihr nicht gelingen, das Gesetz in ein paar Tagen zu verabschieden, wie im Falle der vorherigen Justizreformen. Frühestes realistisches Datum sei der Januar 2020. Und bis dahin können weitere Beschlüsse des Obersten Gerichtshofs verkündet werden, die die Einschätzungen des Nationalen Richterrats, den Status der neuen Richter sowie die Entscheidungen der Disziplinärkammer anfechten. Es habe also ein Wettlauf mit der Zeit begonnen, urteilt Tomasz Pietryga in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita. 

 

Gazeta Polska Codziennie: Putschversuch der privilegierten Kaste

Anders sieht die Situation die nationalkonservative Gazeta Polska Codziennie. Aus den neulichen Aussagen der Anführer von Richterorganisationen, darunter der Chefin des Obersten Gerichtshofs, gehe klar hervor, dass wir es mit einem Putschversuch zu tun haben, urteilt in seinem Kommentar der Chefredakteur des Blattes Tomasz Sakiewicz. Ein Teil der Richter, so Sakiewicz, fechte nicht nur geltende Gesetze, sondern auch die Kompetenz von demokratisch gewählten Institutionen an, diese Gesetze zu erlassen. Oder anders formuliert, die Institutionen könnten natürlich Gesetze erlassen, allerdings nur unter der Bedingung, dass diese den Richtern gefallen. Die selbsternannten Gesetzeshüter, lesen wir weiter, würden sich dabei auf irgendwelche Entscheidungen europäischer Gerichte berufen. Dabei dürften weder europäische Gesetze, noch Entscheidungen europäischer Gerichte in das polnische Justizwesen eingreifen. Weder Polen, noch andere EU-Staaten hätten für solche Eingriffe grünes Licht gegeben.

Die letzte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, erinnert Sakiewicz, überlässt die Entscheidung über die Legalität des polnischen Gerichtswesens dem entsprechenden polnischen Landesgericht. Und dieses ist das Verfassungsgericht. Stattdessen habe der Oberste Gerichtshof dessen Kompetenzen sich selbst zugeschrieben. Damit habe er die Rolle des Gesetzgebers an sich gerissen und sowohl polnische, als auch europäischer Gesetze verletzt. Die Chefin des Obersten Gerichtshofs könne natürlich ohne mit dem Auge zu zwinkern ihre Kollegen zu illegalen Handlungen aufrufen - sie gehe sowieso gleich in den Ruhestand. Leider würden ihre naiveren Kollegen, die den Haken schlucken, ernsthafte Konsequenzen ihrer Entscheidung tragen müssen. Anders werde der Staat zu bröckeln beginnen, so Tomasz Sakiewicz in der Gazeta Polska Codziennie. 

 

Rzeczpospolita: Teurere Energie im neuen Jahr

Zurück zur Rzeczpospolita. Ab dem kommenden Jahr werden die Strompreise für individuelle Abnehmer steigen, schreibt das Blatt in seinem heutigen Aufmacher. Bisher, erinnert die Zeitung, habe die Regierung den Preisanstieg für Privathaushalte durch Zuschüsse aufgeschoben, nun werde sie dieses Programm, das den Staatshaushalt in diesem Jahr mindestens 8 Milliarden Złoty gekostet hat, nicht mehr fortsetzen. Wie groß die Preisanstiege sein werden, soll am kommenden Dienstag bekanntgegeben werden. Experten gehen von einer Erhöhung von 10-20 Prozent aus.

Wieso die Strompreise steigen? Da alle Regierungen nach dem EU-Beitritt, statt den Anteil von Kohle im Energiemix zu verringern, diesen auf einem hohen Niveau erhalten haben, schreibt in seinem Kommentar der Publizist Michał Niewiadomski. Die Bürgerplattform habe zwar ein wenig zur Entwicklung von Windkraft-Anlagen beigesteuert, die Regierung PiS aber habe diese Entwicklung nicht nur blockiert, sondern gleichzeitig auch Milliarden in den ineffektiven Kohlesektor gepumpt. Bestes Beispiel dieser irrationalen Politik sei der Bau des Energieblocks C in Ostrołęka, dessen wirtschaftliche Sinnlosigkeit allgemeinhin bekannt sei. Die Kohle für das Kraftwerk werde wahrscheinlich aus dem Import stammen, das heißt aus Russland. Und die Kühlung dieses Blocks sei auch zweifelhaft, da Polen mit Wassermangel ringe und der naheliegende Fluß Narew der Aufgabe nicht gewachsen sein könnte. Und in Zukunft würden die Preise der dort produzierten Energie, unter anderem wegen der steigenden Emmissionspreise, nur weiter in die Höhe schießen.

Der einzige Lichtblick: Vielleicht würden die nahenden Preisanstiege der Gesellschaft einen Impuls geben, um sich stärker für die Förderung grüner Energien einzusetzen. Dank der neuen grünen Ordnung der Europäischen Kommission und den Mitteln für die Wende der ganzen EU hin zur Klimaneutralität bis 2050, könnte auch das “schwarze” Polen grün werden. Die Regierung müsse jedoch ein Signal senden, dass wir diesen Wandel tatsächlich wollen und nicht nur erwarten, dass Brüssel für alles zahlt, so Michał Niewiadomski in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita. 

 


Autor: Adam de Nisau