Deutsche Redaktion

Leuchtender Stern oder doch nur Feuerwerk?

22.04.2020 12:32
Die Medien haben die Kraft, politische Sterne aufleuchten zu lassen. Sie können aber auch politische Karrieren zerstören. Wird sich davon Polens Gesundheitsminister überzeugen müssen?
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RZECZPOSPOLITA: Die Große Kraft der Medien

Der Stern des Gesundheitsministers Łukasz Szumowski erleuchtete den politischen Himmel, schrieb vor wenigen Tagen das Blatt Rzeczpospolita. Damals konnte man mit dieser Feststellung nur übereinstimmen, schreibt in seinem Kommentar in der gleichen Tageszeitung der Publizist Jan Maciejewski. Die wichtigsten Politiker der Regierungspartei wollten neben dem auf einmal sehr populären Łukasz Szumowski auftreten. Mit der Zeit werde aber immer deutlicher, dass es sich nicht um einen leuchtenden Stern, sondern um ein Feuerwerk handelte. Der Minister werde nicht zu einem festen Bestandteil der politischen Landschaft, er werde nur solange präsent sein, wie lange die Bedrohung mit dem Corona-Virus bestehen werde, meint Maciejewski.

Wenn es wahr sei, dass es im Kampf mit dem Virus nur einen Verantwortlichen gäbe, und das der Gesundheitsminister für alle Entscheidungen verantwortlich sei, die im Grunde jeden Lebensbereich beeinflussen, dann würde es bedeuten, dass die Polen in einer bislang unbekannten Staatsform leben. Wahrscheinlicher sei es aber, dass die Regierenden die Popularität Szumowskis auszunutzen wüssten, um sie als ein politisches Werkzeug zu Beseitigung jeglicher Zweifel zu handhaben.

Und diese gäbe es, meint der Publizist. Bis heute sei es eigentlich unklar, was man mit dem Eintrittsverbot in Parkanlagen und Wälder erzwingen wollte. Die Prognosen über das Entwicklungstempo der Krankheit klaffen weit auseinander. Es gäbe darüber hinaus keinen Plan, wie und wann man die Quarantäne beenden wolle. Seit mehreren Tagen müsse man in der Öffentlichkeit einen Mundschutz tragen, obwohl es nicht eindeutig bewiesen wurde, dass dieser wirksam sei. Diese Zweifel äußerte übrigens selbst der Gesundheitsminister.

Selbstverständlich sei nicht der Minister allein für die Informationslücken verantwortlich, schreibt der Publizist weiter. Er sei von vielen Mitarbeitern umringt. Doch gerade seine müden Augen seien zum Symbol der schwierigen Zeit geworden. Solange die Situation relativ ungefährlich sei, werde Szumowski gelobt. Sollte es aber zu Komplikationen kommen, würden ihn die Medien persönlich für das ganze Übel verantwortlich machen, schreibt Jan Maciejewski in der Rzeczpospolita.

 

GAZETA WYBORCZA: Wem vertrauen die Polen

In düsteren Farben malt indes die Tageszeitung Gazeta Wyborcza die aktuelle Situation im Lande. Der Titel des Aufmachers sei eindeutig: die Polen würden den Medizinern vertrauen, der Regierung aber nicht. Das Blatt beruft sich auf eine von Mitarbeitern von Professor Radosław Markowski durchgeführten Meinungsumfrage. Der neusten Studie sei zu entnehmen, dass die Mehrheit der Polen - 90 Prozent der Befragten - keinen Kontakt mit der Krankheit hatte. Dennoch würden 70 Prozent befürchten, dass das Virus eine große Gefahr für die Gesundheit darstelle. Über 50 Prozent der Befragten bange um die eigene Gesundheit.

Positiv werde das Engagement der Ärzte und Krankenschwestern bewertet, obwohl sich die meisten der jahrelangen Vernachlässigungen im Gesundheitswesen und der schwierigen Lage des unterbezahlten Personals bewusst seien. Zugleich würden über 60 Prozent der Befragten der Regierung in Warschau kein Vertrauen schenken. Die meisten seien sich sicher, dass sich die Entscheidungen der Regierenden in einem halben Jahr als falsch erweisen werden, so Gazeta Wyborcza.

 

GAZETA POLSKA CODZIENNIE: Revolutionäre im Kleinformat

Ein völlig anderes Bild malt die Tageszeitung Gazeta Polska Codziennie. Noch vor der Pandemie habe die Opposition eine wirtschaftliche Katastrophe prophezeit. Die Regierenden habe man als ein „Schicksalsschlag“ dargestellt. Es habe sich aber herausgestellt, dass die Krise polnische Familien in einer relativ guten finanziellen Situation erwischt habe. Dies werde übrigens von vielen internationalen Finanzinstitutionen hervorgehoben. Kurz vor der Corona-Krise erreichte die finanzielle Situation der polnischen Haushalte den besten Stand in der Geschichte des Landes. Bis auf die Pandemie sei es in Polen zu keiner der seit Jahren angekündigten politischen oder wirtschaftlichen Katastrophe gekommen.

Was ihn beunruhige, schreibt der Publizist Krzysztof Wołodźko, sei das Verhalten der Opposition. Die Krise werden von vielen Politikern als eine Chance zur Machtübernahme gesehen. Einige sprechen von einem Militärputsch, andere von einer Revolution. Alle vergessen aber, dass kleinformatige Revolutionäre meistens mit leeren Händen dastehen, schreibt die Gazeta Polska Codziennie. 

Jakub Kukla