Deutsche Redaktion

"Der Wiederaufbaufonds wird die EU zementieren"

20.05.2020 13:32
Nichts zementiert eine Beziehung so, wie gemeinsame Schulden, schreibt in Bezug auf den deutsch-französischen Vorschlag eines 500 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds der Wirtschaftspublizist der konservativen Rzeczpospolita Krzysztof Adam Kowalczyk. Außerdem geht es auch um Spannungen rund um die Wiedereröffnung von Kindertagesstätten und die Frage: Wer unter den Präsidentschaftskandidaten ist der stärkste Bube auf dem Hinterhof?
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Rzeczpospolita: Der Wiederaufbaufonds wird die EU zementieren

Nichts zementiert eine Beziehung so, wie gemeinsame Schulden, schreibt in Bezug auf den deutsch-französischen Vorschlag eines 500 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds der Wirtschaftspublizist der konservativen Rzeczpospolita Krzysztof Adam Kowalczyk. Manche, so der Autor, seien der Meinung, dass der wahre Entstehungsmoment der USA nicht die Unabhängigkeits-Deklaration von 1776, sondern vielmehr der für den Unabhängigkeitskrieg aufgenommene Kredit und dessen Veröffentlichung 1782 gewesen sei. Und nun, so Kowalczyk, plane die EU erstmals, sich zu verschulden. Und dies ebenfalls, um einen Kampf zu finanzieren - den mit den Folgen des Coronavirus. Deutschland, erinnert Kowalczyk, habe sich lange gegen einen solchen Schritt gewehrt. Und eben daher auch die Emotionen nach der Deklaration von Macron und Merkel. Nach dem Rettungsfonds der Eurozone (EMS) würde mit damit ein weiteres Werkzeug der Fiskalpolitik entstehen, das die Unterstützung von in Not geratenen Staaten ermöglichen würde.

Bisher, lesen wir weiter, sei die Arbeitsmigration aus ärmeren in reichere Staaten der wichtigste Korrekturmechanismus in der EU-Wirtschaft gewesen. Doch der zu schnelle Zufluss von Migranten nach Großbritannien, habe - auch wenn er gut für die dortige Wirtschaft gewesen sei - gesellschaftliche Spannungen hervorgerufen und zur Entscheidung über den Brexit beigetragen. Fazit? Änderungen, so der Autor, sollte man mehr Zeit lassen. Besonders wenn es um die Annäherung in Europa gehe. Er, so Kowalczyk, glaube nicht, dass die Europäer bereit für einen Bundesstaat seien, auch wenn dieser in ihrem Interesse liegen würde. Denn ohne eine solche Integration werde die Gruppe der 27 EU-Staaten immer von solchen Giganten, wie die USA oder China und in Zukunft auch Indien überschattet sein.

Der Wiederaufbaufonds sei ein Schritt in Richtung einer solchen Föderation, auch wenn er deren Entstehung keinesfalls determiniere. Eines sei jedoch sicher: mit gemeinsamen Schulden sei es schwieriger, sich scheiden zu lassen. Daher würde die Entstehung des Wiederaufbaufonds eine Wiederholung vom Brexit erschweren, so Krzysztof Adam Kowalczyk in der Rzeczpospolita. 

 

Gazeta Wyborcza: Stadtpräsidenten fordern Tests für Kindergarten-Personal von der Regierung 

Die linksliberale Gazeta Wyborcza widmet ihren Aufmacher den Spannungen um die Sicherheitsmaßnahmen bei der landesweiten Wiedereröffnung der Kindergärten und Kitas diese Woche. Wie das Blatt hervorhebt, fordern die Präsidenten der Union der Polnischen Metropolen die Regierung dazu auf, Tests für das Personal der Kindergärten und Krippen durchzuführen.

Als das Kabinett Morawiecki am 6. Mai die Wiedereröffnung der Tagesstätten für die Jüngsten verkündete, erinnert das Blatt, hätten die Kommunen nur wenige Tage für die Vorbereitung gehabt. Sie hätten um Sanitärprozeduren appellieren, Schutzhandschuhe, Masken und Desinfizierungsmittel kaufen müssen. Die ganze Verantwortung für die Sicherheit der Kinder sei auf ihren Schultern gewesen. Mit gutem Beispiel, so das Blatt, sei dabei Łódź vorangegangen. Stadtpräsidentin Hanna Zdanowska habe an den Woiwoden und die im untergeordneten Sanitärdienste appelliert, vor der Eröffnung der Krippen und Kindergärten das Personal der Einrichtungen auf das Coronavirus hin zu untersuchen. Der Woiwode habe den Antrag abgelehnt, woraufhin die Stadt die Tests auf eigene Faust durchgeführt und dafür über eine halbe Million Złoty ausgegeben habe. Das Ergebnis: Unter den 3,3 Tausend Untersuchten hätten 456 Personen, also 14 Prozent ein positives beziehungsweise zweifelhaftes Ergebnis gehabt. Infolge der Untersuchungen sei von den 28 Krippen, die am Montag geöffnet werden sollten, eine geöffnet worden und von den 146 Kindergärten - 31.

Die durchgeführten Tests, lesen wir weiter, seien zwar überempfindlich und würde auch keine Auskunft darüber geben, ob der Betroffene die Infektion schon hinter sich habe oder noch anstecken würde. Doch nun sei die Sanitärbehörde Sanepid dazu verpflichtet, die positiven und zweifelhaften Ergebnisse mit genetischen Tests zu verifizieren. Vor diesem Hintergrund habe auch der neuliche Appell der Stadtpräsidenten um die Finanzierung von Tests für alle Angestellten der wiedereröffneten Einrichtungen stattgefunden. “Alle Berichte sprechen von der Notwendigkeit, mehr Tests durchzuführen. Wir fordern daher genetische Tests von der Regierung. Es kann nicht so sein, dass diese in Städten durchgeführt werden, die sich eine solche Investition leisten können und in anderen Ortschaften nicht”, zitiert Gazeta Wyborcza dazu den Warschauer Stadtpräsidenten Rafał Trzaskowski. 



Rzeczpospolita: Stärkster Junge auf dem Hinterhof 

Und noch eine politische Analyse aus der Rzeczpospolita. Schon wenige Tage nach der Verkündung der Kandidatur von Rafał Trzaskowski, zeichne sich deutlich die Idee der Bürgerkoalition für einen Neustart ab, schreibt in dem Blatt der Publizist Michał Szułdrzyński. Der Warschauer Stadtpräsident, lesen wir in dem Kommentar, soll vor allem die Wähler des Anti-PiS-Lagers mobilisieren, die seine Parteikollegin Małgorzata Kidawa-Błońska in ihrer Kampagne verloren habe. Diejenigen also, die entschieden hätten, überhaupt nicht zu wählen beziehungsweise ihre Sympathie auf einen der anderen Kandidaten übertragen hätten. Daher nehme Trzaskowski auch in seinen Attacken auf die Regierungskoalition kein Blatt vor den Mund. Alle Aussagen seien darauf berechnet, die eingeschläferten Gegner der Regierungspartei zu mobilisieren und ihnen zu zeigen, wer der stärkste Bub auf dem Hinterhof sei.

In den Auftritten Trzaskowskis sei der Versuch zu erkennen, den Stil von Donald Tusk zu wiederholen, der 2007 harte Abrechnungen nach zwei Jahren PiS am Staatssteuer versprochen habe. Am stärksten sei durch diese Strategie, wie erste Umfragen zeigen, der unabhängige Kandidat Szymon Hołownia gefährdet, der seine Position werde neu definieren müssen, wenn er die Stichwahl erreichen wolle. Władysław Kosiniak-Kamysz werde Trzaskowski wohl nicht viele Stimmen stehlen, da er für dessen Anhänger zu liberal sei, was wiederum dem Kandidaten der Linken Robert Biedroń Sorgen bereiten sollte. Das Züngelchen an der Waage würden in einer eventuellen Stichwahl die nationalkonservativen Wähler von Krzysztof Bosak sein, deren Überzeugung Trzaskowski deutlich schwerer fallen dürfte, als Andrzej Duda, auch wenn auch dieser für einen Teil der radikalen Rechten zu wenig markant ausfalle, so Michał Szułdrzyński in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita. 


Autor: Adam de Nisau