Deutsche Redaktion

Politische Lage in Polen

05.08.2020 12:12
Die Tageszeitung Rzeczpospolita fasst die aktuelle politische Lage in Polen zusammen.
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RZECZPOSPOLITA: Politische Lage in Polen

Die Tageszeitung Rzeczpospolita fasst die aktuelle politische Lage in Polen zusammen. Die Liste derjenigen Politiker, die bei der Vereidigung des neuen-alten Präsidenten Andrzej Duda nicht erscheinen wollen, werde immer länger. Gestern habe sich herausgestellt, dass Dudas Konkurrent in der Stichwahl – Rafał Trzaskowski - die für morgen geplante Zeremonie meiden werde. Offiziell heißt es, er werde sich derzeit außerhalb von Warschau befinden. Trzaskowskis Partei, die Bürgerplattform werde heute noch eine Entscheidung treffen und daraufhin Anweisungen an ihre Abgeordneten verschicken. Man habe zwar angekündigt, dass eine Repräsentation der PO-Politiker sich an der Vereidigung beteiligen werde, immer mehr Politiker äußerten aber die Meinung, dass sie nicht dabei sein wollten.

Geht es nach dem Blatt gäbe es in den Reihen der restlichen Parteien keine größeren Bedenken in Bezug auf die Zeremonie. Im Plenarsaal des Sejm würden sowohl die Linken als auch Vertreter der Bauernpartei vorhanden sein. Seine Anwesenheit bestätigte auch Ex-Präsident Aleksander Kwaśniewski. Da die Vorbereitungen zur der Sitzung der Nationalen Versammlung im Schatten der Pandemie verlaufen würden, hätten auch einige Politiker bestätigt, sie seien mit COVID-19 infiziert.

In seiner Rede werde Amtsinhaber Duda seine politische Vision für die kommenden fünf Jahre vorstellen. Die Vereidigung des Staatsoberhaupts sei das wichtigste Ereignis im politischen Kalender im August, schreibt weiter das Blatt. Im Hintergrund würden aber auch die Vorbereitungen zum Regierungsumbau geführt. Eine Gruppe von Experten soll einen Modernisierungsplan vorstellen. Die Partei möchte, dass die Regierung kleiner und dadurch manöverfähiger werde. Da sich aber Parteichef Kaczyński derzeit im Urlaub befinde, würden konkrete Entscheidungen erst nach seiner Rückkehr getroffen, so Rzeczpospolita.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Die zweite Amtsperiode fängt an. Mit Turbulenzen

Die zweite Amtsperiode von Andrzej Duda beginne am Donnerstag, erinnert die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Um 10 Uhr solle die Vereidigung starten. Das Staatsoberhaupt solle im Parlament in Gegenwart seiner Gattin, Tochter und Eltern erscheinen. Auch seine engsten Mitarbeiter werden da sein. Die Beamten in der Kanzlei des Präsidenten würden gerade die Endversion der Rede von Andrzej Duda vorberieten – Einzelheiten wolle man aber noch nicht verraten.

Die ungewöhnliche Situation rund um die Corona-Pandemie verursache, dass man morgen im Parlament auf mehrere Hindernisse gefasst sein müsse. Alle Gäste würden einen Mundschutz tragen müssen. Von dieser Pflicht seien allein der Präsident und seine Gattin sowie die Vorsitzenden des Sejm und des Senats ausgeschlossen.

Ein Teil der oppositionellen Politiker kündigte bereits ihre Abwesenheit an. Einige, weil man bei Ihnen den COVID-19-Virus diagnostiziert habe. Andere wiederum, weil sie somit eine politische Demonstration machen wollen. Er könne sich an einer Zeremonie nicht beteiligen, bei der der Präsident auf die Verfassung schwören werde, gegen die er verstoßen habe, meint zum Beispiel Bogdan Klich von der Oppositionspartei PO.

RZECZPOSPOLITA: In alte Spurrillen geraten

Auf das Verhalten der größten Oppositionspartei bezieht sich in seinem Kommentar der Publizist Michał Szułdrzyński. Sollte man die Einstellung gegenüber der Vereidigung von Präsident Duda als eine Prognose der künftigen Aktivitäten der Partei betrachten, würde es bedeuten, dass die Bürgerplattform keine Schlüsse aus den Niederlagen der vergangenen Jahre gezogen habe. Allem Anschein nach versuche die PO zu dem vor über fünf Jahren vom damaligen Parteichef definierten Dogma der totalen Opposition zurückzukehren. Die wichtigste Oppositionspartei scheine zu glauben, dass die Anwendung der gleichem Methoden mit der Zeit immer bessere Ergebnisse bringen werde.

Rein psychologisch könne man die Einstellung der oppositionellen Politiker nachvollziehen: einfacher sei es doch die eigene Niederlage als Folge von angeblichen Unregelmäßigkeiten darzustellen. Anderenfalls müsste man einfach zugeben, dass der Gegner besser gewesen sei. Dies wiederum würde bedeuten, dass man über die Ursachen der Niederlage hätte nachdenken müssen. Auch wenn das die beste Wahlkampagne der oppositionellen PO seit Jahren gewesen sei, habe sie letztendlich mit einer verlorenen Wahl geendet. Bequemer sei es wohl, sich selbst als den moralischen Gewinner darzustellen, als die Niederlage anzuerkennen und die bisherigen Dogmen zu überdenken, so Michał Szułdrzyński in Rzeczpospolita.

Jakub Kukla