Deutsche Redaktion

"Lasst uns diesen Wahnsinn stoppen"

06.08.2020 11:22
LGBT-Aktivisten verletzen religiöse und patriotische Gefühle. Der moralische Krieg in Polen sei für die Regierung aber vorteilhaft, meint die Rzeczpospolita.
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Rzeczpospolita: Lasst uns diesen Wahnsinn stoppen

Ein Blick auf die Trends in den sozialen Medien zeige, dass in den letzten Tagen nur wenige Dinge die Polen so sehr interessiert haben wie LGBT-Aktivisten, die mehrere Warschauer Denkmäler ins Visier genommen haben. Das schreibt Michał Szułdrzyński für das konservative Tagesblatt Rzeczpospolita. Besonders beunruhigend sei ihre Aktion gegen die historische Figur Christi vor der Kirche des Heiligen Kreuzes im Herzen Warschaus. Das Gesicht Jesu wurde mit einer Regenbogenfahne bedeckt, an der Skulptur wurde ein Manifest mit einem vulgären Aufruf geklebt. Szułdrzyński ist überzeugt, dass obwohl diejenigen, die argumentierten, dass die LGBT-Fahne niemanden beleidige, das Gegenteil im Sinne hätten. Die Aktivisten wollten angreifen, Gläubige erschüttern, aber auch diejenigen, die aus historischen Gründen über diesen Streich empört seien - die Figur Christi sei nämlich dauerhaft in die tragische Geschichte Warschaus eingeschrieben und stand im Zentrum vieler Aufstände.


 Facebook/Spacerowiczka/Twitter/Sebastian Kaleta Facebook/Spacerowiczka/Twitter/Sebastian Kaleta

Als Reaktion auf die Provokation, soll auch der liberale Bürgermeister der Stadt erklärt haben, dass die von den Aktivisten geforderte Toleranz auch für alle religiösen und patriotischen Symbole gelten sollte, die für die Warschauer äußerst wichtig seien. Die LGBT-Aktivisten, lesen wir, seien auch für einen Tag in Haft gestellt worden. Mit Provokation sei es aber so, heißt es weiter in der Rzeczpospolita, dass sie eine Reaktion auslösen. Und diese werde wiederum zu weiteren Provokationen führen. Und so werde sich die Spirale drehen.

Für das Regierungslager, glaubt der Autor, sei dieser Konflikt vorteilhaft. Nichts mobilisiere seine Anhänger so sehr wie ein moralischer Krieg. Für die bereits tief gespaltene polnische Gesellschaft sei ein ideologischer Krieg allerdings eine Katastrophe. Wird jemand diesen Wahnsinn aufhalten? Diese Frage stellt Michał Szułdrzyński in der heutigen Rzeczpospolita.

Wirtualna Polska: Polen bekämpft das Coronavirus mit Ersatzthemen

Eines der größten Nachrichtenportale in Polen, Wirtualna Polska (WP), schreibt ebenfalls über die letzten ideologischen Ausschreitungen in Warschau aber mit einer anderen Diagnose.

Marcin Makowski bemerkt, dass die erneut wachsenden Corona-Zahlen nicht das wichtigste Thema seien. Im Rampenlicht stehe stattdessen der Kampf um die Weltanschauung zweier Lager. Politiker der Regierungspartei sollen ständig an die linke LGBT-Ideologie und die Antifa-Milizen erinnern, die Städte in Europa und den USA zerstören. Dabei heiße ihr Argument, dass Polen dank der rechten Regierung immer noch in Sicherheit sei und Polen sich dank ihnen ausruhen und den Urlaub genießen können. In den Medien indes, streite man sich um die Istanbuler Konvention oder Regenbogenfahnen auf Denkmälern - ob sie ihre Entweihung bedeuten oder vielleicht ein Ausdruck der Meinungsfreiheit seien. Gleichzeitig existiere in Polen eine andere, parallele Realität, in der die Statistiken von Coronavirus-Infizierten von Tag zu Tag auf ein neues Rekordniveau steigen.

Dies sei eines der Hauptprobleme der letzten Wochen, erinnert Makowski und rät, dass falls die Regierung und Opposition Effizienz und Effektivität zeigen wollen, so sollten sie als letztes auf Ersatzthemen zurückgreifen. Vielleicht aber sei dies der erste innovative Weg, heißt es abschließend im Kommentar für das Online-Blatt, um die Krankheit zu bekämpfen? Vielleicht sei Polen das erste Land der Welt in dem das Virus "totgeredet" werden kann?


Piotr Siemiński