Deutsche Redaktion

Konkurrenz wartet auf polnisches Schlachtverbot

22.09.2020 13:30
Die Presseschau
Die PresseschauFoto :Pixabay Creative Commons

Dziennik Gazeta Prawna: Kaczynskis Ultimatum: Schluss mit politischer Freizügigkeit

Die Koalitionskrise soll in einem Gespräch zwischen dem Parteivorsitzenden Jaroslaw Kaczynski und Justizminister Zbigniew Ziobro gelöst werden, schreibt DGP am Dienstag nach Insider-Gesprächen mit Personen aus der PiS-Führung. Während des heutigen Treffens soll der Vorsitzende der Regierungsfraktion Solidarisches Polen demnach die Bedingungen für seinen Verbleib in der rechten Koalition anhören. Es gehe hauptsächlich darum, lesen wir, dass Ziobro seine Position und Befugnisse in der Regierung und Koalition respektieren solle, behaupten PiS-Politiker gegenüber dem Blatt. Kaczynski, heißt es weiter, könnte unter anderem Unterstützung für die Änderung des sog. Covid-Gesetzes verlangen, das die Straflosigkeit von Beamten für ihre Entscheidungen in Notsituationen vorsehe. Er könnte auch das Schweigen der Medien, insbesondere in Fragen der Weltanschauung, verlangen. Die Bedingung wäre auch, so das Blatt, dass Ziobro die Macht des Premierministers, mit dem der Justizminister in einem scharfen Konflikt sei, nicht mehr in Frage stelle und einen von Morawieckis engen Mitarbeitern zu seinem Stellvertreter ernenne.

Der Zusammenbruch der Koalition, überzeugt die Tageszeitung, würde ansonsten auch zur Säuberung von staatlichen Unternehmen führen, in denen Ziobros Verwandte Führungsfunktionen ausüben, wie z.B. der Bruder oder die Ehefrau des Justizministers. Zbigniew Ziobro, erinnert DGP, habe bereits gestern bei einer Pressekonferenz versöhnliche Signale an Kaczynskis Partei gesendet. Die Signale aus der Recht und Gerechtigkeit Partei über mögliche Dimissionen seien somit anscheinend ein wirksames Druckmittel, um von Ziobro Zugeständnisse zu erzwingen. Eine Alternative, glaubt das Blatt, wären eine Minderheitsregierung oder sogar vorgezogene Wahlen. Rational gebe es aber derzeit noch keinen Hinweis auf eine solche Variante, aber diese Prozesse könnten ihre eigene Dynamik haben. Während ein Auto in Richtung Wand beschleunigt, heißt es abschließend, um einen Zentimeter davor zu bremsen, kann es immer passieren, dass die Bremsen auf einmal unerwartet nicht funktionieren.


Rzeczpospolita: Konkurrenz wartet auf polnisches Schlachtverbot

Die Rzeczpospolita schreibt indes über die Folgen des neuen Tierschutzgesetzes, das zum Katalysator der Regierungskrise geworden ist. Das Verbot der Nerzzucht und der rituellen Schlachtung, bemerkt das Blatt, habe mindestens zwei Gemeinsamkeiten: In beiden Fällen habe der Gesetzgeber keine Entschädigung für die Schließung legal betriebener Unternehmen gewährt. Polnische Landwirte sollen auch nur ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes Zeit haben, die Produktion einzustellen. Importeure von Halal- und koscherem Fleisch, lesen wir, werden jedoch schon viel früher nach neuen Lieferanten suchen. Großabnehmer für polnisches Fleisch seien bislang Großbritannien, Belgien, Deutschland, die Schweiz und Marokko gewesen. Es werde ein Problem für polnische Landwirte sein und nicht für Importeure, sagen sie gegenüber der Rzeczpospolita, und überzeugen, dass sie alte Lieferanten von einem Tag auf den anderen ersetzen könnten. Sie sollen demnach schon an dem Tag begonnen haben, nach neuen Lieferanten zu suchen, als sie von der Absicht erfahren haben, das rituelles Schlachten in Polen verboten werden soll.

Halal-Produzenten in der Tschechischen Republik, Rumänien, Spanien, Bulgarien und Ungarn, lesen wir, könnten somit Polens Position auf diesem Markt einnehmen. Schätzungen nach, wachse der Markt für Halal-Fleisch in Europa jährlich um 20 Prozent, heißt es des Weiteren, und falls ganz Europa das rituelle Schlachten verbieten sollte, so ständen Lieferanten in Kanada, Argentinien und Brasilien schon bereit. Unternehmen aus der Ukraine und Russland, heißt es abschließend, sollen ebenfalls auf die Möglichkeit warten, den Markt nach Polen zu übernehmen, dass bei der Lieferung von Fleisch aus ritueller Schlachtung der führende Lieferant in der EU sei.

DoRzeczy: Ideologische Besessenheit westlicher Eliten

Das Online-Portal des konservativen Wochenblatts DoRzeczy bezieht sich indes auf ein Interview mit dem präsidentiellen Berater, Prof. Andrzej Zybertowicz, über die polnische Weltanschaungs-Debatte. Wenn man sich die Geschichte des 21. Jahrhunderts anschaue, die Rolle der jungen Generation für das Wachstum und die Entwicklung des Faschismus und dann des Kommunismu, überzeuge Zybertowicz, so sehe man die Geschichte junger Intellektueller, die glaubten, an etwas Wertvollem beteiligt zu sein. Der Soziologe sehe hier eine Ähnlichkeit zu den letzten Offensiven von LGBT-Gemeinschaften in Polen. Zybertowicz glaube, dass ihre Handlungen, gemäß der Definition des kanadischen Intellektuellen Jordan Peterson, von einer "ideologischen Besessenheit" zeugen. Der Akademiker habe auch den Eindruck, lesen wir des Weiteren, dass einige der westlichen Eliten, Aktivisten und Jugendlichen, einer genau solchen ideologischen Obsession erliegen. Der Berater des Präsidenten erkläre, dass die Faschisten die Welt von Juden befreien wollten und die Kommunisten sie vom Bürgertum und Ausbeutern reinigen wollten. Dies sei ihr Weg zu einer besseren Realität gewesen, lesen wir. Heute sei ihre Überzeugung, so Zybertowicz, dass man eine gerechte Welt nur dann aufbauen könne, wenn man sie von Reaktionären, Konservativen, Menschen, die mit der christlichen Tradition verbunden sind und die Familie und die Meinungsfreiheit verteidigen wollen, reinige.

Laut Zybertowicz, lautet das Fazit des Wochenblatts, wiederhole sich das Muster, dass junge Menschen Teil bestimmter wiederkehrender Prozesse seien, deren langfristige Dynamik sie selbst nicht sehen können.

ls