Deutsche Redaktion

Proteste trotz Schutzschirm

15.01.2021 12:23
Kommt der Schutzschirm der Regierung für Unternehmer zu spät? Welche Folgen wird die Sperrung des Twitter-Kontos von US-Präsident Trump für die EU-Politik haben? Und: im Streit um die Rechtsstaatlichkeit zwischen Polen und der EU zeichnet sich eine neue Front ab. Die Einzelheiten in der Presseschau.
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zdjęcie ilustracyjneElzbieta Krzysztof / Shutterstock.com

Rzeczpospolita: Proteste trotz Schutzschirm

Ab Freitag kann man zwar staatliche Unterstützung aus dem neuen Schutzschirm für Unternehmer beantragen. Doch die verzweifelten Unternehmer wollen ihre Tätigkeit, trotz Verbot, wiederaufnehmen, berichtet in ihrem Aufmacher die konservative Rzeczpospolita. Der Gesamtwert der Hilfe, erinnert das Blatt, belaufe sich auf 20 Milliarden Złoty und sei für Unternehmen aus 45 Branchen bestimmt, die laut der Regierung am stärksten von der zweiten Welle der Pandemie betroffen seien. Der Polnische Entwicklungsfonds warne jedoch, dass diejenigen, die versuchen, die Einschränkungen zu umgehen, keine Hilfe erhalten werden. Ob dieses Argument ausreichen werde, so die Zeitung, sei jedoch fraglich. “Was bringt es mir, dass meine Tätigkeit auf der Liste der am stärksten betroffenen Branchen ist, wenn ich trotzdem nicht auf Hilfe zählen kann, da ich keine Mitarbeiter anstelle. Und das ist eine der Bedingungen für die Unterstützung”, so Sebastian Madej, Eigentümer einer Villa im Kurort Krynica. Viele Betreiber von Pensionen seien in einer ähnlichen Situation. “Wir können nicht arbeiten, aber Hilfe erhalten wir nicht. Was sollen wir also tun? Das Geld geht aus, wir stehen vor der Wand. Wir können nicht mehr warten”, so Madej. 

Ein Teil der Unternehmer, lesen wir, fordert die Möglichkeit, ihre Pensionen und Restaurants unter strikten sanitären Auflagen zu öffnen. So könnte man etwa statt 20, nur 10 Zimmer zur Verfügung stellen. Auch in Restaurants könnte die Hälfte der Tische funktionieren. “Aber wir können nicht zu Hause sitzen. Wir müssen für den eigenen Unterhalt, sowie den unserer Angestellten und ihrer Familien sorgen”, zitiert das Blatt Hotelbetreiber Jarosław Migacz.

Die dramatische Situation ist auch eine Folge der verspäteten Reaktion der Regierung, beobachtet in seinem Autorenkommentar zum Thema der Publizist Paweł Rożyński. Es sei schwer nachzuvollziehen, wieso die Regierenden die Unterstützung nicht zeitgleich mit dem Lockdown anbieten konnten, sondern erst viele Wochen später. Das habe für enorme Unsicherheit und Stress gesorgt, da niemand wusste, wer letztendlich die staatliche Hilfe werde beantragen können. Die Protestwelle sei die direkte Konsequenz der Tatsache, dass die Regierenden im Kampf gegen die Krise neuerdings stets drei Schritte hinter ihr sind, so Paweł Rożyński in der Rzeczpospolita.


Rzeczpospolita: Wichtigstes politisches Thema dieses Jahres

Die neuliche Blockade des Twitter-Kontos von US-Präsident Donald Trump könnte weitreichende politische Folgen für 2021 haben, lesen wir ebenfalls in der Rzeczpospolita. In Reaktion auf den Vorfall, lesen wir, habe Premierminister Mateusz Morawiecki vor einigen Tagen betont, dass für ihn der Schutz von Meinungsfreiheit im Internet eine Priorität ist. Daher werde Morawiecki, laut einem Gesprächspartner des Blattes aus Regierungskreisen, in diesem Jahr intensiv auf eine Regulierung des Themas auf EU-Forum drängen. Wie aus Informationen des Blattes hervorgeht, wolle die Regierung in den Bürgern die Überzeugung stärken, dass der Zugang zu Social Media gleich und frei ist. “In Polen ist die Erfahrung des Kampfes gegen die Zensur aus historischen Gründen besonders stark. In der Vergangenheit waren Social Media zudem auch eine starke Seite der Konservativen in Polen, dort war es für die PiS einfacher, mit ihrer Botschaft anzukommen”, erklärt ein Politiker der Regierungspartei im Gespräch mit der Rzeczpospolita. 

Dziennik.pl: Neue Front im Streit um die Rechtsstaatlichkeit in Sicht

Im Streit zwischen Warschau und Brüssel um die Rechtsstaatlichkeit ist eine neue Front in Sicht, berichtet das Portal dziennik.pl. Geht es nach dem Portal, habe sich Vize-EU-Kommissionschefin Věra Jourová in einem Brief an Polens EU-Minister Konrad Szymański mit der Frage um die Pläne der Regierung in Bezug auf den Ombudsman für Menschenrechte gewendet. 

Die für Gerechtigkeit verantwortliche EU-Kommissarin wolle wissen, “wie gesichert wird, dass die Institution des Ombudsmans für Menschenrechte weiterhin effektiv ihre Rolle erfüllt und welche Handlungen geplant sind, um einen neuen Ombudsman zu ernennen”. 

Die Amtszeit des bisherigen Ombudsmans Adam Bodnar sei, wie die Zeitung erinnert, am 9. September abgelaufen, sein Nachfolger sei bis heute, aufgrund eines Impasses im Parlament, in dem die Regierung die Mehrheit im Sejm und die Opposition die Mehrheit im Senat habe, nicht ernannt worden. 

Europaminister Konrad Szymański habe das Schreiben nicht kommentieren wollen. Er werde den Brief mit einem Brief beantworten, zitiert den Politiker dziennik.pl. 

Autor: Adam de Nisau