Deutsche Redaktion

10 mal mehr Angesteckte als in der offiziellen Statistik

20.01.2021 12:23
Außerdem geht es auch um den Beginn der Ära Joe Biden, eine neue Hexenjagd auf Ex-Premier Donald Tusk und harte Konsequenzen für regierungskritische Staatsanwälte. Die Einzelheiten in der Presseschau.
Lublin. Szpital Kliniczny Nr 4. Praca medyków z czerwonej strefy oddziału ratunkowego, gdzie przyjmowani są pacjenci z podejrzeniem Covid-19.
Lublin. Szpital Kliniczny Nr 4. Praca medyków z czerwonej strefy oddziału ratunkowego, gdzie przyjmowani są pacjenci z podejrzeniem Covid-19.Jacek Szydlowski/Forum

Rzeczpospolita: Beginn der Ära Biden

Joe Biden werde zu Beginn seiner Amtszeit massiven Problemen die Stirn bieten müssen, beobachtet in ihrem heutigen Aufmacher die konservative Rzeczpospolita. Gehe es nach NBC, steuere das Land laut 71% der Amerikaner in die falsche Richtung, nur 21 Prozent seien anderer Meinung. Zudem seien knapp drei Viertel der republikanischen Wähler der Meinung, dass Biden die letzten Wahlen nicht gewonnen hat.

Daher werde die erste Aufgabe des neuen US-Präsidenten der Wiederaufbau der gesellschaftlichen Bindungen sein. Ebenso dringlich sei die Beherrschung der Pandemie, wo Trump ebenfalls eine Katastrophe hinterlasse. Knapp 100 Mal mehr Todesopfer als in China, wenn man den offiziellen Statistiken Glauben schenke. Und eine Abrechnung mit Trump. Dies fordere die Verteidigung der Demokratie. Gleichzeitig ziehe es in einer Situation, in der 43 Prozent der Amerikaner dem Milliardär weiterhin vertrauen, ein hohes Risiko einer weiteren Eskalation in der Gesellschaft nach sich.

Die Schwäche der USA habe auch enormen Einfluss auf die internationalen Beziehungen. Trump habe korrekt erkannt, dass es an der Zeit sei, das autoritäre China zu stoppen. Er sei die Aufgabe jedoch alleine angegangen. Biden werde Verbündete aus Asien gewinnen müssen. Es habe geschienen, dass ihm auch die EU helfen könnte, doch diese will bis dato unter dem Druck Deutschlands weiterhin Geschäfte mit Peking machen.

Dasselbe Problem werde Biden in den Beziehungen zu Russland antreffen. Statt eine einheitliche Front mit der EU zu bauen, werde er mit einer Abrechnung mit Angela Merkel für Nord Stream 2 beginnen müssen. Ein Signal, dass es auch nach der konfliktreichen Ära Trump in der NATO nicht einfach sein werde, das transatlantische Bündnis wiederaufzubauen.

Biden habe angekündigt, die USA wieder an das Pariser Klimaabkommen anzuschließen. In derselben Zeit sollen die USA auch der WHO und dem Abkommen zum iranischen Atomprogramm beitreten. Die größte Frage bleibe, ob dem neuen Präsidenten die Zeit und Energie reichen werde, um mehr zu tun, als nur die Fehler seines Vorgängers zu reparieren, so Rzeczpospolita.

Dziennik/Gazeta Prawna: 10 mal mehr Angesteckte als in der offiziellen Statistik

Die Zahl derjenigen in Polen, die schon an Covid-19 erkrankt sind, könnte sogar zehnmal größer sein, als die offizielle Statistik, berichtet in der heutigen Ausgabe das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Laut neuen Schätzung von Experten, die auf den neulichen Tests von Grundschullehrern beruhen, könnten inzwischen zwischen 12 und 15 Millionen Polen Immunität gegen das Virus erlangt haben. Die Zahl der offiziell bestätigten Fälle liege laut dem Gesundheitsressort bei 1,4 Millionen.

Um jedoch Herdenimmunität zu erreichen, so das Blatt, müssten sich noch einmal so viele anstecken oder impfen. Bisher seien etwa 495 Tausend Polen geimpft worden. Israel indes, wo die Impfzentren 7 Tage in der Woche 12 Stunden täglich geöffnet sind und bald vielleicht rund um die Uhr impfen werden, habe mittlerweile ein Viertel seiner Bevölkerung geimpft, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.

Gazeta Wyborcza: Was soll die Hexenjagd auf Tusk verdecken?

Was soll wohl die neue Hexenjagd auf Ex-Premier und aktuellen EVP-Chef Donald Tusk verdecken, fragt in seinem Autorenkommentar für die Gazeta Wyborcza Publizist Bartosz Wieliński. Wie Wieliński erinnert, habe Tusk eine Botschaft auf deutsch für die CDU-Politiker aufgenommen, die einen neuen Parteichef gewählt hatten. Aus dem nationalen Fernsehen, so Wieliński, habe er erfahren, dass dies ein Beweis dafür sei, dass der Politiker deutschen Interessen diene. Schon 2005, erinnert der Publizist, habe der aktuelle Vorstandschef der TVP Jacek Kurski verkündet, dass Tusks Großvater in der Wehrmacht diente, jedoch vergessen zu erwähnen, dass er als KZ-Häftling zwangsläufig einverleibt wurde. Vor ein paar Jahren habe eine regierungsnahe Zeitung Tusk in eine Wehrmachts-Uniform gekleidet und eine von der regierungspartei ernannte Ehrenkonsulin in den USA sogar in eine SS-Uniform.

Nun habe sich die Propagandamaschine erneut Tusk ins Visier genommen. Aus Gewohnheit? Oder mit tieferem Zweck? Denn die größten Affären auf der Linie Warschau-Berlin, so Wieliński, seien stets ausgebrochen, als die Regierungspartei dringend ein Thema brauchte, um Krisen unter den Teppich zu kehren. In der ersten Regierung PiS seien es die Probleme der Regierungskoalition PiS-Selbstverteidigung-Liga Polnischer Familien gewesen. Heute sei wohl die Ablenkung von den immer deutlicheren Problemen bei der Organisation von Impfungen das Ziel.

Einziger Schwachpunkt dieser Taktik: Viel besser auf Deutsch, als Tusk, spreche die Gattin des Staatspräsidenten und Germanistin, Agata Kornhauser-Duda. In wessen Interesse sie es wohl tue, fragt Bartosz Wieliński in seinem Kommentar für die Gazeta Wyborcza.

Gleich unter dem Kommentar ein Twitter-Zitat von Tusk-Anwalt Roman Giertych. "Kann jemand eine 1 in Deutsch auf dem Abitur ausradieren? Und sie in eine 3 oder 4 in ungarisch verwandeln (das scheint die einzige Sprache zu sein, deren Kenntnis für die PiS nicht dem Verrat der Nation bedeutet)", so Giertych zu den Angriffen auf seinen Mandanten auf der Social Media Plattform.

 

Rzeczpospolita: Verbannung für ungehorsame Staatsanwälte

Etwa 20 regierungskritische Staatsanwälte sollen ab Mittwoch ihre Arbeit an neuen Arbeitsorten beginnen. Sie sind für ein halbes Jahr abgeordnet worden, sogar 400 Kilometer von ihren Häusern entfernt. Zur Strafe, schreibt die Rzeczpospolita. Die Betroffenen, allesamt mit langjähriger Erfahrung, lesen wir, hätten Prozesse gegen den Willen ihrer Chefs eingeleitet und Fälle ins Visier genommen, die die Regierenden am liebsten schnell vergessen würden. In weniger als 48 Stunden seit der Unterzeichnung des Beschlusses durch Landesstaatsanwalt Bogdan Święczkowski müssten sie nun an ihren neuen Arbeitsorten vorstellig werden. Bis jetzt seien solche Entscheidungen noch nie in einem solchen Tempo unternommen worden. Besonders in einer Zeit, in der Hotels geschlossen seien und die Wohnungssuche mehr Zeit in Anspruch nehme, werde dieser Schritt besonders die Familien der Versetzten hart treffen, lesen wir im Blatt. 

Und auch die Prozesse, die in den alten Staatsanwaltschaften ohne Aufsicht bleiben, würden leiden. Dabei sollte es doch effektiver zugehen, beobachtet in seinem Autorenkommentar zum Thema der Publizist der Rzeczpospolita, Wojciech Tumidalski.

 

Autor: Adam de Nisau