Deutsche Redaktion

Trump geht, seine Wähler und Amerikas Probleme bleiben

21.01.2021 12:37
Mit dem Abgang von Trump werden die Probleme der Arbeitslosigkeit, der wirtschaftlichen oder rassischen Ungleichheit und des daraus resultierenden Zugangs zur Gesundheitsversorgung nicht verschwinden.
Zdjęcie ilustracyjne.
Zdjęcie ilustracyjne.PAP/EPA/JUSTIN LANE

Rzeczpospolita: Joe Biden und polnische Angelegenheiten

Die konservative Rzeczpospolita befasst sich am Donnerstag mit der Vereidigung des 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Der Ausgang der US-Wahlen habe in wichtigen westeuropäischen Ländern Begeisterung ausgelöst. Doch bevor der neue Präsident ins Weiße Haus eingezogen ist, habe sich herausgestellt, dass dies eher auf die Niederlage von Donald Trump zurückzuführen sei, als auf den Sieg von Joe Biden.

Es gäbe Angelegenheiten, die unter Trump spaltend gewesen seien und es auch nach ihm weiterhin bleiben werden. Dies seien Schlüsselbereiche für Polen, wie die Beziehung zu Russland und China, oder der Bau von Nord-Stream 2. Nur wenn Deutschland und damit auch Frankreich nicht so entschlossen wären, mit dem Kreml Geschäfte zu machen, könnte man sich fragen, ob es nach drei Jahrzehnten nicht an der Zeit sei, sich vom extremen Pro-Amerikanismus zu verabschieden.

Bidens Amerika, überzeugt die Tageszeitung, sei die beste Versicherung für Polen und die Länder der Region, weil europäische Partner keine Alternative bieten. Dem Blatt nach, gebe es glücklicherweise keinen Hinweis darauf, dass die neue Regierung in Washington Polen das Gefühl der Sicherheit nehmen wolle. Sei es in der Reduzierung der US-Militärpräsenz in der Region oder Wiedereinführung von Visen für Polen, die Trump abgeschafft hat. Es scheine auch, dass Bidens Team dem Schicksal der Ukraine und Weißrusslands nicht genauso gleichgültig gegenüberstehen werde wie Trump und europäische Spitzenpolitiker.

Polen ist das größte der pro-amerikanischen Länder in der gesamten EU. Das bedeute aber nicht, dass Warschau mit persönlichen Gefälligkeiten von Präsident Biden, häufigen Besuchen oder der Belobigung polnischen Politiker rechnen könne. Biden werde gegenüber einem so pro-amerikanischen Land wahrscheinlich nicht gleichgültig bleiben. Auch, wenn Polens Regierung zu sehr an Donald Trump gebunden war. Denn solche Streiche wären eher in Trumps Stil, lautet das Fazit in der Donnerstagsausgabe der Tageszeitung.

WP: Trump geht, seine Wähler und Amerikas Probleme bleiben

Eines der größten Nachrichtenportale Polens befasst sich ebenfalls mit Joe Biden. Wie Marcin Makowski für Wirtualna Polska schreibt, sei es viel einfacher Donald Trump aus dem Blockbuster "Kevin allein in New York" auszuradieren, als die strukturellen Probleme von Millionen von Amerikanern zu beseitigen, die ihn an die Macht gebracht haben.

Präsident Trump mag zwar in Ungnade von der politischen Bühne verschwunden sein, aber seine Wählerschaft bleibe. Wenn die Demokraten dies missachten, könnten sie Trump noch vermissen. Es sei sehr einfach im Nachhinein auf Donald Trumps Präsidentschaft zurückzublicken und sie einen "Fehler des Systems" zu nennen. Es sei einfach, ihn als einen Verrückten zu begraben, der sich ins Weiße Haus geschlichen und aus der amerikanischen Politik eine verdrehte Reality-Show gemacht habe. Der Autor bemerkt, dass es für viele äußerst verlockend sei 75 Millionen Amerikaner, die für ihn gestimmt haben, auf eine Gruppe von Schlafwandlern zu reduzieren, die an Verschwörungstheorien glauben und am 6. Januar das Capitol gestürmt haben. Makowski glaubt stattdessen, dass es sich lohne zu verstehen, was Donald Trump an die Macht gebracht habe.

Seiner Meinung nach, war es nicht die kollektive Hypnose Amerikas, sondern das Herunterspielen der strukturellen Probleme des Landes durch beide Seiten des politischen Konflikts. Die Ursache seien Fabriken gewesen, die nach China verlagert wurden oder Bergwerke, die geschlossen wurden. Diese Situation habe Trump den Treibstoff gegeben, den kein anderer Kandidat seiner Partei hatte. Es sei eine Mischung aus Wut, einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit, Populismus und Nationalstolz gewesen.

Mit dem Abgang von Trump werden die Probleme der Arbeitslosigkeit, der wirtschaftlichen oder rassischen Ungleichheit und des daraus resultierenden Zugangs zur Gesundheitsversorgung nicht verschwinden. Anstatt sich also in Selbstgefälligkeit zu suhlen, müssten die Demokraten zumindest versuchen zu verstehen, warum sie früher verloren haben. Ansonsten könnte in vier Jahren ein zweiter, vielleicht wirksamerer und noch mehr zynischerer Donald Trump ins Rampenlicht treten, so seine Prognose für die Zukunft Amerikas nach Bidens Amtsantritt.


DoRzeczy: Polen ist mit den USA vor allem geschäftlich verbunden

Das Nachrichtenportal des Wochenblatts DoRzeczy indes bezieht sich auf ein Interview mit dem  ehemaligen Chef der polnischen Diplomatie zu seinen Prognosen für die zukünftigen US-Polnischen Verhältnisse. Der ehemalige Außenminister Witold Waszczykowski wies darauf hin, dass Polen und die USA starke Bindungen haben. Eine Vielzahl von Kooperationsprogrammen, die viele Milliarden Dollar wert seien. Waszczykowski schließe aber nicht aus, dass die Anfänge der Beziehungen zum neuen US-Präsidenten schwierig sein könnten zumal Präsident Biden einen anderen Charakter als Präsident Trump habe. Mit Obama sei es ähnlich gewesen, als dieser anfangs bissige Bemerkungen über das polnische Verfassungsgericht geäußert habe. Am wichtigsten sei aber, dass Polen keine Verträge mit dem Gastgeber im Weißen Haus, sondern mit den USA abgeschlossen habe.

Der ehemalige Leiter des Außenministeriums zählte auch die Bereiche auf, in denen die polnisch-amerikanische Zusammenarbeit seit langem erfolgreich verlaufe. Er erwähnte Rüstungs-, Energie- und Gasprogramme. In naher Zukunft könnten das auch Kernenergieprogramme sein, also geopolitische Vereinbarungen, überzeugte der ehemalige Spitzendiplomat. Die Hoffnungen der Opposition, dass Joe Biden nach Polen kommen, die Regierung und den Präsidenten delegitimieren könnte und jemanden vom Frauenstreik zum künftigen Herrscher Polens salben werde, sei, Waszczykowski nach, kindisch. Er hoffe deshalb, dass die neue US-Verwaltung schnell ihr Amt antreten werde damit man die gute Zusammenarbeit mit Vereinigten Staaten fortsetzen könne.    


Piotr Siemiński