Deutsche Redaktion

Amazon in Polen. Herausforderung für Allegro

03.03.2021 13:31
Ist der Ausgang dieser Auseinandersetzung entschieden? Nicht unbedingt, schreibt in seinem Autorenkommentar der Wirtschaftspublizist Krzysztof Adam Kowalczyk. Außerdem geht es auch um das neue Urteil des EuGh und um die Frage, ob jemand unversehens die Opposition in Polen ausgetauscht hat.
Bisher mussten polnische Kufer auf der deutschen Amazon-Website einkaufen.
Bisher mussten polnische Käufer auf der deutschen Amazon-Website einkaufen. shutterstock

Rzeczpospolita: Amazon in Polen. Herausforderung für Allegro

Nach jahrelangen Spekulationen und Gerüchten, hat Amazon seit gestern nun auch eine eigene Filiale in Polen. Dies bedeute Änderungen auf dem Markt - für Kunden eine größere Auswahl und bessere Angebote, für Verkäufer Möglichkeiten, andere Länder zu erreichen, schreibt in der heutigen Ausgabe die konservativ-liberale Rzeczpospolita. Amazon, lesen wir, habe über 300 Millionen Kunden und sei einer der Marktführer auf einem sonst von chinesischen Plattformen dominierten Markt. Dies sei eine enorme Herausforderung für das polnische Allegro. Dieses kommentiere das Debüt des neuen Rivalen zwar nicht, doch allein die Ankündigung des Starts von Amazon.pl habe ausgereicht, um den Aktienkurs von Allegro von 85 PLN im Dezember auf ca. 65 PLN zu senken. Amazon habe schon 10 Logistikzentren in Polen und arbeite am 11. Allegro arbeite indes an seinem ersten.

Sei der Ausgang dieser Auseinandersetzung also entschieden? Nicht unbedingt. An den ersten Kommentaren gemessen, habe das Debüt des US-Giganten keinen Wow-Effekt erzeugt, vielleicht sogar ein wenig enttäuscht, schreibt in seinem Autorenkommentar der Wirtschaftspublizist Krzysztof Adam Kowalczyk. Vielleicht sei eben deshalb der Börsenkurs von Allegro am frühen Dienstag wieder um 5 Prozent gestiegen. Börseninvestoren seien zu dem Schluss gekommen, dass der polnische David doch noch eine Chance im Kampf gegen den amerikanischen Goliath hat. 

Amazon, lesen wir weiter, biete Kunden den Zugriff auf Produkte aus der ganzen Welt, auf Lesegeräte und Tablets, und eine Galaxie von Dienstleistungen, von E-Books bis zu Video- und Musik-Streaming und in Zukunft möglicherweise auch Essen on Demand. Es sei ein geschlossenes System. Allegro habe im Vergleich dazu ein viel bescheideneres Angebot. 

Doch solange E-Commerce so schnell wachse, wie in den letzten Monaten, werde sich der Kampf zwischen dem polnischen David und dem amerikanischen Goliath wahrscheinlich nicht entscheiden. Es sei Platz für beide da. Jedenfalls solange kein Tycoon aus Fernost erscheine, der durch den Erwerb von Allegro sprunghaft eine signifikante Position in Polen erreichen wolle. Denn wenn zwei kämpfen, freue sich nicht selten der Dritte, so Krzysztof Adam Kowalczyk in der Rzeczpospolita. 

 

Dziennik Gazeta Prawna: TSUE untergräbt Glaubwürdigkeit polnischer Gerichte

Das gestrige Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist eine weitere Entscheidung, die bestätigt, dass Polen ernsthafte Systemprobleme hat, lesen wir im Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Der neueste Richtspruch könne unter anderem darin resultieren, dass Urteile polnischer Gerichte von den Justizbehörden anderer Staaten künftig immer häufiger nicht anerkannt werden, prognostiziert Rechtsanwalt Professor Maciej Gutowski. 

Der EuGH, lesen wir weiter, habe zugegeben, dass das Oberste Verwaltungsgericht die Legalität der Beschlüsse untersuchen kann, auf deren Grundlage der Staatspräsident 2018 mehrere Dutzend Oberste Richter ernannt habe. Daher würde das Urteil, laut einigen Kommentatoren, den Richter-Status der Betroffenen untergraben. Es gebe jedoch auch Stimmen, laut denen die Ernennung durch den Staatspräsidenten unumkehrbar ist, so Dziennik Gazeta Prawna. 

 

Gazeta Wyborcza: Wer hat die Opposition ausgetauscht?

Weht endlich frischer Wind in der Opposition, fragt in seinem Autorenkommentar für die linksliberale Gazeta Wyborcza der Publizist Michał Wilgocki. In den letzten Jahren, erinnert der Autor, habe die polnische Opposition den Ruf erworben, völlig unfähig zu sein und in Schlüsselmomenten zu versagen. Jedes Mal, wenn der Wahlgewinn schon in Reichweite zu sein schien, habe sie auf der Zielgeraden Fehler begangen, die alle Bemühungen zunichte machten. Alles serviert in einer pathetischen und ideenlosen Soße. 

Die letzten Tage, so der Autor, würden die Hoffnung  geben, dass diese Zeit der Unfähigkeit vorbei ist. Das Signal habe die Bürgerplattform mit ihrer Stellungnahme zur Abtreibung gegeben. Natürlich sei diese weder perfekt, noch einstimmig. Aber es sei ein Fortschritt. Denn sechs Jahre von Parolen nach dem Motto "Das werden wir nicht zulassen" hätten die PiS nicht gestürzt. Die Stellungnahme zur Abtreibung breche mit dieser Tradition und werde hoffentlich der erste von mehr konkreten Vorschlägen in Zeiten der glatten Postpolitik sein. 

Auch die Linke scheine ihre Lektion gelernt zu haben und habe junge Menschen mit einer gut organisierten Veranstaltung am Samstag engagiert. Die Altersgruppe also, in der linksliberale Haltungen laut Studien am häufigsten auftreten. Ein weiteres positives Ereignis seien die gemeinsamen Konsultationen der Opposition in Bezug auf die neue Abgabe für Medien gewesen. 

Fazit: Die Jahre 2021 und 2022 seien eine gute Zeit um nicht über Taktik, sondern über konkrete Programmvorschläge zu sprechen. Über Polen nach dem Fall der PiS. Es wäre ein Verbrechen, all dies mit der Rückkehr zu alten Gewohnheiten zu zerstören, so Michał Wilgocki in der Gazeta Wyborcza. 

 

Autor: Adam de Nisau