Deutsche Redaktion

Stunde der Wahrheit

13.04.2021 13:30
Die Abstimmung über den EU-Wiederaufbaufond könnte zum Zerfall der regierenden Koalition und zu vorgezogenen Wahlen führen, erinnert Rzeczpospolita.
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.Andrys/pixabay.com/CC0

RZECZPOSPOLITA: Stunde der Wahrheit

Bald werde die wichtigste Abstimmung der letzten Jahre im Parlament stattfinden, informiert die Tageszeitung Rzeczpospolita. Es werde ein großer Test für die Regierungskoalition aber auch für die polnische Opposition sein, lesen wir. Die Abstimmung über den EU-Wiederaufbaufond könnte zum Zerfall der regierenden Koalition und zu vorgezogenen Wahlen führen, erinnert das Blatt. Es werde daher die wohl wichtigste Abstimmung seit den Parlamentswahlen von 2019 sein.

Im Rahmen der Regierungskoalition spreche sich die kleine Gruppierung Solidarisches Polen um Justizminister Ziobro gegen die EU-Finanzierung aus. Dies habe zu großen Spannungen im Rahmen der Koalition geführt und das Bündnis an der Rand einer politischen Katastrophe geführt. Die Opposition verhalte sich hingegen bislang uneindeutig, was für die größte Partei im Regierungslager, die Recht und Gerechtigkeit PiS, doch eine Überraschung sein könne. Noch bis vor Kurzem sei es offensichtlich gewesen, dass die wichtigste Oppositionspartei Bürgerplattform sowie die Bauernartei PSL für die EU-Mittel stimmen würden. Angesichts der Spannungen im Regierungslager würden jene Gruppierungen aber versuchen, die Probleme der Regierenden auszunutzen. Zugleich aber stünden eben diese Parteien unter Druck, vor allem aus Berlin und von Seiten der Europäischen Volkspartei EVP, urteilt das Blatt.

Auch Kaczyński übe Druck aus, schreibt Rzeczpospolita weiter. Eine verlorene Abstimmung würde das Ende der Regierungskoalition bedeuten, habe er neulich in einem Zeitungsinterview gesagt. Entscheidungen, die zu Niederlagen führten, seien sehr gefährlich, daraus müsse man Schlüsse ziehen, sagte der Politiker und appellierte an seine politischen Partner um Besinnung. Noch vor kurzem schien es, dass es zu der Abstimmung im April kommen werde. Momentan sei dies aber nicht mehr so sicher. Für Mitte April sei keine Sitzung des Parlaments geplant. Eine nächste werde es in der zweiten Maihälfte geben, bemerkt das Blatt. Oppositionspolitiker gehen davon aus, dass die Regierenden zu einer Abstimmung politisch noch nicht gereift seien. Es würden Gespräche geführt, man suche nach einer Mehrheit, heißt es.

Die Lage sei angespannt, denn über den Ausgang der Wahl könnten einzelne Stimmen entscheiden. Nur Abgeordnete des ehemalige Fernsehentertainers Szymon Hołownia kündigten bislang ein klare Unterstützung für die europäischen Gelder an. Doch ihre drei Stimmen seien zu wenig, um aus der Perspektive der Regierenden ruhig zu schlafen. Die restlichen Gruppierungen würden versuchen, die Gunst der Stunde zu nutzen. Sobald der Termin der Abstimmung bekanntgegeben werde, könne man auf weitere politische Manöver gefasst sein, so Rzeczpospolita.


PLUS MINUS: Der etwas schüchterne Killer

Die Wochenzeitschrift Plus Minus bejubelt der erfolgreichen polnischen Tennisspieler Hubert Hurkacz. Der 24-Jährige habe Anfang des Monats in Miami bewiesen, dass die Verbindung der polnischen Arbeitsamkeit mit dem amerikanischen Trainerwissen Früchte bringen können. In Abwesenheit von Roger Federer, Novak Djokovic, Rafael Nadal, Stan Wawrinka und Dominic Thiem habe Hurkacz das Finale gegen den sechs Plätze besser klassifizierten Jannik Sinner gewonnen. Dem erst 19-jährigen Italiener sei am Ende die Puste ausgegangen, schreibt das Blatt. Hurkacz hingegen habe in Südflorida seinen dritten Turniersieg nach Winston-Salem 2019 und Delray Beach Anfang dieses Jahres gefeiert. Diesmal den mit Abstand prestigeträchtigsten. Der 24-jährige aus Wroclaw werde in der Weltrangliste nun auf Platz 16 nach vorne stoßen.

Man müsse zwar zugeben, dass das Finale kein Treffen von Tennisvirtuosen gewesen sei. Vielmehr sei das ein spannendes Aufeinandertreffen zweier talentierter Spieler gewesen, die um ihren ersten großen Sieg gekämpft hätten. Der Direktor der Turniers habe es aber auf den Punkt gebracht: Die Abwesenheit der großen Spieler, die in den letzten Jahren den Männertennis dominiert hätten, habe eine faszinierende Veränderung ermöglicht. Es sei klar, dass die Besten nicht ewig spielen würden, und nun habe das Publikum die Möglichkeit bekommen, die neuen Gesichter kennenzulernen, die künftig die Spitzenpositionen erobern würden. Seit langem versuche er die Antwort auf die Frage finden, wer über das entsprechende Talent verfüge um Federer oder Nadal in der Zukunft zu ersetzen. Bei dem Tournier habe er die Antwort auf diese Frage bekommen, sagte James Blake.

Der Pole Hubert Hurkacz sei ein Sportler, der sich in Bezug auf Medien, auch die soziale Netzwerke, eher zurückhaltend verhalte. Man wisse daher nur, dass er ein Veganer aus Vernunft sei. Mit diesem Entscheidung sei keine Ideologie verbunden, diese Diät verursache einfach, dass er sich in Top-Form fühle. Auch auf dem Tennisplatz. Ansonsten sei er ein ganz normaler junger Mensch: er möge schnelle Autos, gute Bücher und interessante Filme. Hätte er die Möglichkeit, würde er gerne einen Abend am Tisch mit Robert Lewandowski und Roger Federer verbringen. Seine Liebe zum Tennis sei entfacht, als er seinen spielenden Eltern zugeschaut habe. Schnell habe er entdeckt, dass er ebenfalls mit einem Schläger Bälle über das Netz spielen möchte. Sehr rasch hätten auch seine Eltern, beide ehemalige Sportler, entdeckt, dass ihr Sohn über das entsprechende Talent verfüge. Nach seinem ersten großen Sieg in Miami habe er auf Bitte der Fotoreporter die Trophäe, wie sich herausstellte, etwas unbeholfen geküsst. Die ersten Küsse seien die schwierigsten, scherzten manche nach der Siegerehrung. Doch der künftige Star sei geboren worden, urteilt das Blatt.


Jakub Kukla