Deutsche Redaktion

Russlands Krieg mit der Ukraine stellt reale Bedrohung dar

15.04.2021 13:30
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DoRzeczy: Russlands Krieg mit der Ukraine stellt reale Bedrohung dar

Ein blutiger Krieg in der Ukraine würde eine humanitäre Krise, Wellen von Flüchtlingen, aber auch eine instabile Grenze und Krieg vor Polens Türen bedeuten, sagt gegenüber dem Wochenblatt DoRzeczy, General Roman Polko, der ehemalige Kommandeur der Spezialeinheit GROM. Es lohne sich deshalb, so der Offizier, an die Worte des ehemaligen und tragisch verunglückten Präsidenten Lech Kaczyński zu erinnern, dass heute Georgien, morgen die Ukraine, und übermorgen Provokationen und Angriffe durch Russland auch Polen erreichen könnten. Polko weist darauf hin, dass ungewiss bleibe, was Putin für Pläne schmiede. Das Worst-Case-Szenario, so der Ex-Kommandeur, sei eine Rückkehr zum Projekt Neurussland, d.h. der Verbindung der ukrainischen Region Lugansk mit der Krim, wodurch der Kreml die Ukraine vom Schwarzen Meer abschneiden würde. Russland, heißt es weiter, wolle die Ukraine für sich zu einem zweiten Weißrussland und sie erneut zur eigenen Einflusssphäre machen und von der NATO abschneiden.

Natürlich, fährt Polko fort, mache Putin das alles auch für den Gebrauch seiner Inlandspolitik. Er berufe sich dabei vor allem auf das "Syndrom der belagerten Festung", eines Russlands, das von der NATO umzingelt sei. Dies könnte für Polen insofern von kolossaler Bedeutung sein, lesen wir, als dass ein lokal begrenzter Konflikt, der dazu dienen würde, die Welt von Aleksei Nawalnys, Putins größtem Widersacher in Russland, Gefangennahme abzulenken und mehr von Putins Apparatschiks in die Duma zu bringen, völlig außer Kontrolle geraten und sich in einen regulären Krieg umwandeln könnte. Deshalb, so Roman Polko, sei es wichtig, dass Polen der NATO angehöre. Unabhängig davon sollten aber die Fähigkeiten des polnischen Militärs aufgerüstet werden. Polen sollte sich auch um seine Cybersicherheit kümmern, zumal russische Troll-Farmen im Netz sehr aktiv seien. Der Ex-Kommandeur der GROM-Spezialeinheit erklärt am Schluss für das Wochenblatt, dass es nicht ausreiche, auf verschiedene Fake News zu reagieren und sie zu dementieren. Polen sollte auch eigene Aktivität starten. Und das sowohl im Cyberspace als auch im allgemeinen Medienraum.


Rzeczpospolita: Lukaschenko führt Desinformationskrieg mit Polen

Weißrussische Medien sollen eine massive Desinformationskampagne gegen Aktivisten der polnischen Minderheit führen. Wie die Rzeczpospolita herausgefunden hat, wird die Propaganda des Lukaschenko-Regimes von der EU-Diplomatie dokumentiert. Nach Erkenntnissen des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) verleumden weißrussische Medien systematisch die polnische Minderheit in Weißrussland sowie Polen und unterstellen ihr imperialistische Tendenzen und den Wunsch nach einer Grenzänderung. Diese massive Aktion, lesen wir, soll einige Tage vor der Verhaftung von Aktivisten der polnischen Minderheit in Belarus angefangen haben. Falsche und unbewiesene Vorwürfe der "Volksverhetzung" und "Rehabilitierung des Nationalsozialismus" sollen gegen sie wiederholt werden, wofür ihnen sogar bis zu 12 Jahre Haft drohen könnte, schreibt das Tagesblatt.

Propagandisten des Regime-Fernsehens in Weißrussland, heißt es weiter, sollen, der EU-Auslandsbehörde nach, die polnische Minderheit beschuldigt haben, sich feindselig zu verhalten und die Geschichte ausnutzen, um "aus Kindern Bomben zu basteln, um sie auf weißrussischem Territorium in die Luft zu sprengen", wie die Rzeczpospolita die Behauptungen weißrussischer Nationalisten zitiert. Die belarussische Propaganda soll von der russischen Propaganda aufgegriffen werden, heißt es im Weiteren. Das russische Nachrichtenportal Sputnik soll sogar schreiben, dass Polen seinen eigenen "Drang nach Osten"-Plan umsetzte, um seine Macht über Weißrussland und die Ukraine auszuweiten. Russische Medien sollen behaupten, dass Polen bewusst provokative Gemeinde-Treffen in Grodno organisiert habe, um die Lage in Belarus zu destabilisieren. Laut Sputniks Propaganda, heißt es am Schluss in der Rzeczpospolita, sollen seit der Orangen Revolution in der Ukraine alle polnischen Anführer von der "größenwahnsinnigen Idee besessen sein, den Osten zu befreien."


Klub Jagielloński: Europa muss bereit sein, sich selbst zu verteidigen

Die Denkfabrik Klub Jagielloński indes, hat ein Gespräch mit dem ehemaligen Stellvertretenden Assistenten des Verteidigungsministers der Vereinigten Staaten durchgeführt. Laut Elbridge Colby sollte die Rolle Europas im militärischen Bereich fortan vor allem in der Selbstverteidigung und im Umgang mit den Nachbarregionen liegen. Denn Amerikas Priorität, abgesehen von der eigenen Sicherheit, sei vor allem Asien, erst dann Europa, und als letztes der Nahe Osten. Polen, so der Verteidgungsexperte, trage bereits seinen Teil dazu bei - es versuche, die konventionellen Verteidigungsfähigkeiten zu stärken, um die USA zu entlasten, und im wirtschaftlichen Bereich mit den USA im Wettstreit gegen China zusammenzuarbeiten. Dieselbe Wahl, lesen wir, solle schon heute auch vor anderen europäischen Ländern stehen.

Falls Europa versuchen sollte, sich in Richtung Neutralität zu bewegen, warnt Colby, wo es sich verstecken oder versuchen könnte aus der Parteinahme herauszuwinden, so würde die Frage für die Amerikaner lauten: Welches Interesse hätten die USA daran, eine große Verantwortung in Europa zu behalten, wenn die Europäer ihrem größten Verbündeten bei seiner vorrangigen Herausforderung nicht zur Seite stehen? In einem solchen Fall, fährt der Sicherheitsexperte fort, würde Amerika die Zusammenarbeit mit einzelnen Staaten und Koalitionen europäischer Länder ernst nehmen, die gegenüber den USA loyal bleiben. Die Chinesen, prognostiziert Colby anschließend, würden in einem solchen Fall ihren Einfluss geltend machen und Europa würde zu einer Arena des Wettstreits werden. Die sichere Allianz mit den USA würde aufbrechen.

Im Fall Russlands, erklärt der ehemalige Angestellte des Pentagons, würde die Schwierigkeit darin bestehen, dass Amerika, selbst wenn die Russen im Fall eines Konflikts zuerst zuschlagen würden, vor allem auf eine chinesische Eskalation im Pazifik vorbereitet sein müsse. Das wiederum würde bedeuten, dass die USA sich in Europa zurückhalten müssten. Für Polen sei das keine gute Prognose, heißt es am Schluss in dem Interview der Denkfabrik, denn Europas stärkstes Land, Deutschland, hätte derzeit keine militärische Fähigkeit, Polen zu verteidigen. Desto mehr sollten die Vereinigten Staaten ihre Garantien gegenüber Polen bekräftigen, lautet das Fazit des US-Sicherheitsexperten für Klub Jagielloński.


Piotr Siemiński