Deutsche Redaktion

Kurze Arbeit, wenig Profit

11.05.2021 13:15
Die konservativ-liberale Rzeczpospolita kritisiert in der aktuellen Ausgabe die vom Staatspräsidenten unterstützte Einführung von Praktikumsrenten. Regierung versucht Polen zu AstraZeneka zu überzeugen. Und: Nationalkonservative werfen Senatsmarschall vor, den EU-Wiederaufbaufonds zu blockieren.
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zdjęcie ilustracyjneMatej Kastelic / shutterstock

Rzeczpospolita: Kurze Arbeit, wenig Profit

Die konservativ-liberale Rzeczpospolita kritisiert in der aktuellen Ausgabe die vom Staatspräsidenten unterstützte Einführung von Praktikumsrenten. Laut ersten Schätzungen würde eine solche Lösung den Ruhestand nach 35 Jahren Arbeitsaktivität bei Frauen und nach 40 Jahren bei Männern ermöglichen. Die zweite Bedingungen, erinnert das Blatt, sei die Ansammlung eines solchen Rentenkapitals, das für die Mindestrente von 1250 PLN brutto (etwa 300 Euro) ausreichen würde. Das könnte praktisch für alle eine ungünstige Lösung sein, warnt im Interview mit dem Blatt der Hauptökonom der wirtschaftsliberalen Stiftung FOR, Sławomir Dudek. “Im schwarzen Szenario”, so Dudek, “würde eine solche Lösung das tatsächliche Renteneintrittsalter weiter senken. Eine Frau, die mit 20 begonnen hat, berufstätig zu sein, könnte mit 55 in den Ruhestand gehen. Und je schneller wir aufhören, beruflich aktiv zu sein, desto niedriger die monatliche Rente.” “Diejenigen, die den Arbeitsmarkt verlassen, zahlen keine Sozialabgaben mehr, dafür muss die Sozialversicherungsanstalt ZUS mehr Auszahlungen realisieren. Das bedeutet höhere Kosten für das Rentensystem und höhere Transfers aus anderen Steuereinnahmen in die ZUS. Und daher im Endeffekt auch die Notwendigkeit von Steuererhöhungen”, fügt Antoni Kolek vom Arbeitgeberverband Pracodawcy RP hinzu. 

Der Staatspräsident, so Rzeczpospolita, unterstütze den Vorstoß der “Solidarność”-Gewerkschaft. Aus der Regierungspartei sei jedoch kein Enthusiasmus zu vernehmen. Im Gegenteil: Das neue Wirtschaftsprogramm “Neue Ordnung” soll Anreize schaffen, die Arbeitstätigkeit auch nach der Überschreitung des Renteneintrittsalters fortzusetzen, so die Rzeczpospolita. 

Man, so der Publizist Bogusław Chrabota in seinem Autorenkommentar, müsse es laut und offen sagen: Die Idee von Andrzej Duda und den ihn unterstützenden Gewerkschaftlern öffne die Tür für eine weitere Verkürzung der Berufstätigkeit der Polen, was sich auf die Verarmung von Familien und die langsame Wandlung des Landes in ein Freilichtmuseum auswirken werde. Eine wahrlich merkwürdige Idee in Zeiten, in denen die Regierung langsam die volle Skala der Zerstörung begreife, die die Senkung des Renteneintrittsalters nach sich gezogen habe und die Polen zu längerer Aktivität ermuntere. Besonders, da das europäische “helicopter money” früher oder später ausgehen werde. Sogar in der Parteizentrale der PiS auf der Nowogrodzka beginne man das zu verstehen, so Bogusław Chrabota in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita. 

 

Gazeta Wyborcza: Kürzere Wartezeit zwischen Impfdosen

Die Regierung versucht die Polen zu AstraZeneka zu überzeugen, schreibt in ihrem Kommentar zur gestern angekündigten Verkürzung des Abstands zwischen der ersten und zweiten Impfung die linksliberale Gazeta Wyborcza. Bis Ende Mai, erinnert das Blatt, seien noch 707 Tausend Termine für Impfungen mit dem Impfstoff von AstraZeneka frei. Die Ursache dafür seien einerseits Befürchtungen vor Nebenwirkungen, andererseits aber auch der Termin der zweiten Impfung. Wer sich jetzt, nach den aktuell noch geltenden Regeln für eine Impfung mit AstraZeneka registriere, erhalte die zweite Spritze nach 12 Wochen, also mitten in den Sommerferien. Daher auch die Entscheidung, den Abstand zwischen den Impfungen ab dem 17. Mai auf 5 Wochen zu verkürzen. Der 12-Wochenabstand sei, wie der Chef des Polnischen Epidemiologen-Verbands Professor Robert Flisiak erklärt, unter anderem auch von den Lieferengpässen diktiert worden. Die Regierung habe gewollt, dass so viele Menschen wie möglich die erste Dosis erhalten können. Vor dem Hintergrund der vielen freien Termine sei dies nun kein Argument mehr, so Flisiak. 

Ab dem 17. Mai werden Genese zudem nicht mehr drei Monate nach einem positiven Test auf eine Impfung warten müssen. Stattdessen würden nun 30 Tage reichen. Kommende Woche würden zudem erste Impfungen in Büros starten. Schließlich sei eine Informationskampagne in den Medien geplant, bei der die Regierung vor allem die Altersgruppe 60+ erreichen wolle, in der weiterhin knapp 40 Prozent nicht geimpft seien, so Gazeta Wyborcza über die Impfkampagne der Regierung.

   

Gazeta Polska Codziennie: Senatsmarschall will EU-Mittel blockieren

Und die nationalkonservative Gazeta Polska Codziennie berichtet in ihrem heutigen Aufmacher, dass der oppositionelle Senatspräsident Tomasz Grodzki die Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufonds blockieren will. Anlass für den Artikel: Grodzki, lesen wir, habe angekündigt, dass die Ratifizierung des entsprechenden Gesetzes nicht auf der Agenda der nächsten Senatssitzung stehen wird. Der Senat, so Grodzki, habe 30 Tage Zeit für eine Stellungnahme und die Agenda der nächsten Sitzung sei schon überfüllt. “Im EU-Parlament sehen sie dieser politischen Chuzpe mit Unglauben zu. Die Bürgerplattform hat gezeigt, dass sie eine Anti-EU-Partei ist und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, die eine der wichtigsten Architektinnen des Wiederaufbaufonds ist, hat dafür ein deutliches Signal erhalten”, so die Europaabgeordnete der Regierungspartei Jadwiga Wiśniewska im Interview mit dem Blatt. 

Autor: Adam de Nisau