Deutsche Redaktion

Ist die Pandemie wirklich vorbei?

13.05.2021 12:08
Das "normale" Leben kehrt zurück. Doch für wie lange?
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Dziennik/Gazeta Prawna: Das politische Ende der Pandemie

Die Tageszeitung DGP schreibt, dass Polen am 15. Mai ihre Schutzmasken abnehmen können, Kinder wieder zurück in die Schule kehren, Restaurants ihre Gärten öffnen und die Regierung wahrscheinlich den neuen Konjunkturplan offenbaren werde. Das Gesundheitsministerium werde auch aufhören, Textnachrichten mit täglichen Zahlen von neuen Infektionen und Todesfällen an Journalisten zu schicken. Aber bedeute dies das Ende der Pandemie? Nicht unbedingt, schreibt das Blatt. Die Regierung wolle ein neue Narrative durchsetzen, in der das Coronavirus nicht mehr auftauche. - Wir kommen aus der Defensive heraus und bewegen uns auf ein neue Narrative der Entwicklung und des Aufschwungs zu - soll eine Quelle aus dem Regierungslager gegenüber der Zeitung offenbart haben.

Vielleicht, lesen wir, werden Politiker ab jetzt auch vorsichtiger mit solchen Bemerkungen, wie der des Premierministers aus dem letzten Jahr, jonglieren, dass das Virus auf dem Rückzug sei und man sich nicht mehr fürchten müsse. Morawieckis Aussage wurde später von Medien im Herbst ausgenutzt, als Polen von der zweiten und dritten Welle des Virus überschwemmt wurde. Daher, heißt es des Weiteren, solle die alte Narrative jetzt auf eine natürlichere Art und Weise geändert werden, indem ein anderes Gesprächsthema auferlegt werde.

Diese neue Strategie sei auch umso natürlicher, wenn man das Verhalten der Polen vom letzten Wochenende beobachte. Man könne zweifellos sagen, dass Polen in der Frage der Pandemie mit den Füßen abstimmen. Tausende von Menschen, die an einem sonnigen Sonntag in Parks und auf Plätzen aufgetaucht waren, würden beweisen, dass Polen genug von Einschränkungen und dem Leben in der Enge haben. Vielleicht sei gerade das der Grund für die gestrigen Entscheidungen der Regierung gewesen, die Öffnung von Kinos, Theatern und anderen kulturellen Einrichtungen um mehr als eine Woche zu beschleunigen.

Ist die Pandemie also wirklich vorbei? - fragt die Tageszeitung abschließend. Die Wahrheit bleibe, dass nichts zu 100 Prozent sicher ist, lautet das Fazit in der Gazeta Prawna/ Dziennik am Donnerstag.

DoRzeczy: Hunderte Polen in „Arbeitsquarantäne“ auf Spargelhof

Das Nachrichtenportal des rechts-konservativen Wochenblatts DoRzeczy schreibt, dass es auf einer deutschen Spargelfarm in Kirchdorf (Niedersachsen) zu einem Coronavirus-Ausbruch gekommen sei. Bisher sollen sich 130 Menschen infiziert haben, darunter viele Polen. Die Saisonarbeiter sollen in der sog. Arbeitsquarantäne gehalten werden, d. h. sie können ihren Arbeitsplatz nicht verlassen. Selbst verheiratete Paare, lesen wir, die an derselben Stelle in der Einrichtung arbeiten, dürften sich nicht treffen. Nach Angaben der deutschen Presse, lesen wir, sollen sich sowohl das Unternehmen, dem die Farm gehört, als auch die örtlichen Behörden weigern, Angaben zur Anzahl der Personen im Krankenhaus zu machen. Inoffiziell gebe es jedoch fünf Personen, von denen sich eine in ernsthaftem Zustand befinde.

Aufgrund des diffusen Auftretens der Infektionen im Spargelhof, erfahren wir, sei es nicht möglich, Personen eindeutig zu identifizieren, die engen Kontakt zu den Infizierten hatten.

Die Quartiere werden derzeit, laut deutschen Medien, von Sicherheitsleuten bewacht, damit die Arbeiter z.B. keine Einkäufe auf eigene Hand machen können. Der Spargelhof biete zwar Mittag- und Abendessen an, aber erst vor wenigen Tagen, 2 Wochen nach der Einführung der Arbeitsquarantäne, heißt es weiter, soll er mit der Lieferung von Grundnahrungsmitteln und Hygieneprodukten für ihre Angestellten begonnen haben.

Polnische Spargelernter sollen beklagen, dass sie wie Sklaven behandelt werden und ihre Gruppen vom Weg zur Arbeit und zurück von zwei Sicherheitsleuten bewacht werden. Die Mitarbeiter eines der  größten Spargelproduzenten in Deutschland (1011 Arbeiter, davon 412 Polen) sollen dem Unternehmen auch vorwerfen, die Hygienevorschriften nicht einzuhalten, zu spät auf die ersten Infektionsfälle reagiert und nicht über die Isolierungsmaßnahmen informiert zu haben.

Die Angestellten, so DoRzeczy am Schluss, sollen um ihre Gesundheit fürchten, und diejenigen, die sich weigern, unter diesen Bedingungen zu arbeiten, sollen gezwungen werden weiterhin für ihre Unterkunft zu zahlen.


Piotr Siemiński