Deutsche Redaktion

Russland spaltet Europa erneut

25.06.2021 11:21
Ein wichtiges Thema in den Pressekommentaren ist der deutsch-französische Vorschlag eines EU-Russland-Gipfels. Außerdem geht es auch um die Konsequenzen des vom EU-Parlament verabschiedeten Gesetzes zu sexuellen Rechten.
Zdjęcie ilustracyjne
Zdjęcie ilustracyjneShutterstock/maradon 333

Rzeczpospolita: Russland spaltet Europa erneut

Ein wichtiges Thema in den Pressekommentaren ist der deutsch-französische Vorschlag eines EU-Russland-Gipfels. Russland spaltet Europa erneut, schreibt dazu in ihrem heutigen Aufmacher die konservativ-liberale Rzeczpospolita. Vor sieben Jahren habe die EU, wie das Blatt erinnert,  in Reaktion auf die Krim-Annexion alle Kontakte auf höchster Ebene auf Eis gelegt. Noch am 24. Mai habe man während des EU-Gipfels hören können, dass Russland eine Gefahr für die EU ist und dazu immer aggressiver agiere. Nun sei unerwartet, nach dem Treffen zwischen Merkel und Macron der Vorschlag einer Erwärmung der Beziehungen  zu Russland und sogar eines Russland-Gipfels aufgetaucht.

“Was hat sich seit dem letzten Treffen verändert”, wunderte sich die estnische Ministerpräsidentin. Polen, die baltischen Staaten und Rumänien, so Rzeczpospolita, seien die größten Kritiker dieser Idee und ohne ihr Einverständnis werde es einen Gipfel mit Putin nicht geben. Aber die durch Berlin verursachte Kontroverse habe erneut die Spaltung Europas in Bezug auf Russland deutlich gemacht. Brüsseler Veteranen würden betonen, dass Merkel - was für sie untypisch sei - die Idee nicht konsultiert habe. Der Vorschlag sei am Vortag des Gipfels präsentiert worden, sogar EU-Ratschef Charles Michel sei überrascht gewesen. Die Arbeiten an dem Abschlussdokument des Gipfels seien seit drei Wochen im Gange gewesen, aber Diplomaten aus Deutschland und Frankreich hätten ihre Vorbehalte zu den Formulierungen zu Russland zuvor nicht eingebracht, so Rzeczposlita. 

 

Rzeczpospolita: Festival der leeren Worte

Merkel, Macron und Draghi wollen Putin also erneut salonfähig machen, schreibt in seinem Kommentar zum deutsch-französischen Vorstoß der Publizist der Rzeczpospolita Jerzy Haszczyński. Natürlich, ironisiert der Autor, werde Putin unterschiedliche Bedingungen hören, darunter die wichtigste: wenn Du das nächste Mal unartig bist, dann werden wir als EU reagieren. Vielleicht sogar ebenso entschlossen, wie bisher. Fürchte Dich, Putin!

Die Bilanz der bald endenden Kanzlerschaft von Angela Merkel, so der Publizist weiter, falle vor dem Hintergrund dieses Vorschlags, leider immer schlechter aus. Die Entscheidungen der Kanzlerin in den für die Sicherheit Europas wichtigsten Fragen, seien leider schlecht, jedenfalls für die Schwächeren, die die EU eigentlich in Schutz nehmen sollte. Merkel, während deren langer Amtszeit die Arbeiten an Nord Stream realisiert worden sind, riskiere als Variante von Gerhard Schröder in die Geschichte einzugehen. Ihr möglicher Nachfolger auf dem Kanzlerposten, Armin Laschet, habe sich mittlerweile schon als Symphatiker Moskaus zu erkennen gegeben. 

In Polen, lesen wir, könne man daher immer häufiger hören, dass Deutschland einfach seine eigenen Interessen verfolgt. Russland sei für Deutschland keine direkte Gefahr, dafür aber ein unabdingbarer Handelspartner. Kein Wunder also, dass sich die Deutschen mit einer Pipeline mit billigem Gas für Generationen an Russland ankoppeln wollen. Das Problem sei jedoch, dass Deutschland, durch seinen Fokus auf nationale Interessen und seine russischen Geschäfte die Europäische Gemeinschaft zerstört. Das passe nicht zu den Parolen über europäische Werte, Solidarität und gemeinsame EU-Interessen. Auf Berlin laste, als dem größten Spieler, eigentlich auch die größte Verantwortung dafür, dass dies keine leere Worte bleiben. Immer wieder überzeugen wir uns jedoch, dass sie es leider sind. Wenn es um Geschäfte gehe, so Haszczyński, müsse Deutschland immer profitieren, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. 

All dies untergrabe das Vertrauen in das europäische Projekt, stärke die Kritiker der EU und ermutige dazu, die eigenen Interessen ebenfalls entschlossener zu verteidigen, auch solche, die wiederum für Deutschland problematisch sein könnten. Sollen wirklich alle anderen akzeptieren, dass die EU ein Spiel sei, in dem immer Deutschland gewinne, fragt Jerzy Haszczyński abschließend in der Rzeczpospolita. 

 

Gazeta Polska Codziennie: Abtreibungs-Erpressung des EU-Parlaments

Die gestern vom EU-Parlament verabschiedete Resolution zu sexuellen Rechten sei ein Versuch, die Mitgliedsstaaten indirekt zu Lockerungen in ihren Abtreibungsvorschriften zu zwingen, schreibt in der heutigen Ausgabe die nationalkonservative Gazeta Polska Codziennie. Für den sogenannten Matic-Bericht, so das Blatt, hätten 378 Abgeordnete gestimmt, 255 seien dagegen gewesen, 42 hätten sich der Stimme enthalten. “Es gibt keine Gleichheit zwischen Frauen und Männern ohne Recht auf legale und sichere Abtreibung”, habe Sylwia Spurek von den Grünen argumentiert. Die Antwort der Konservativen: “Das Recht auf Leben ist ein fundamentales Recht, aus dem sich alle anderen Rechte ableiten. Wir leben, da unsere Mütter entschieden haben, uns eine Chance zu geben. Abtreibung ist keine Verhütungsmethode: sie ist ein Drama für die Mutter und der Mord an einem Kind”, so die PiS-Eurodeputierte Jadwiga Wiśniewska. 

Laut dem Europaabgeordneten der PiS Ryszard Czarnecki werde die Verabschiedung der Resolution den Druck auf eine Legalisierung von Abtreibung in der ganzen EU erhöhen. “Die Gesundheitspolitik ist eine Kompetenz der Mitgliedsstaaten. Die Resolution hat also keine rechtlichen Grundlagen. Sie wird aber die Atmosphäre zur Erpressung von nationalen Gesetzgebern durch bestimmte Interessengruppen schaffen”, so Czarnecki. Seiner Meinung nach, werde sich die EU-Kommission jedoch dazu nicht äußern. Sie könne allenfalls die finanzielle Hilfe für unterschiedliche Pro-Abtreibungsorganisationen in den Mitgliedsstaaten stärken, so Czarnecki in der Gazeta Polska Codziennie.

 

Autor: Adam de Nisau