Deutsche Redaktion

"Eine Pathologie auf der anderen"

02.08.2021 12:38
Ein wichtiges Thema in der Presse sind heute die von der Regierungspartei PiS vorgeschlagenen Gehaltserhöhungen für Abgeordnete und hochrangige Staatsbeamte. Außerdem: BIP dank Arbeitsmigration sogar um 3 Prozent höher.
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Zdjęcie ilustracyjne.shutterstock.com/Mikhail Akimov

Ein wichtiges Thema in der Presse sind heute die von der Regierungspartei PiS vorgeschlagenen Gehaltserhöhungen für Abgeordnete und hochrangige Staatsbeamte.

Gazeta Wyborcza: Eine Pathologie auf der anderen

Die Verdienste in der Staatsverwaltung, sowie die Löhne von Abgeordneten oder hochrangigen Beamten sind tatsächlich extrem niedrig, schreibt in seinem Kommentar zum Vorstoß der Publizist der linksliberalen Gazeta Wyborcza Paweł Wroński. Aber diese absurde Situation habe PiS-Chef Kaczyński selbst verursacht. 2018 habe er die Reputation der Regierung retten wollen, die den eigenen Ministern enorme Prämien zugesprochen hatte und die Löhne von Abgeordneten, Senatoren und Kommunalpolitikern um 20% gesenkt. Habe Kaczyński damals das Wohl des Landes im Hinterkopf gehabt? Oder nur den Machterhalt, fragt der Autor rhetorisch. 

Nun, lesen wir weiter, wolle der PiS-Chef erneut die Situation retten, die er selbst verursacht habe. Und er tue es nicht für den Staat, sondern da er eine Rebellion in den eigenen Parteireihen beruhigen wolle. Man könne diskutieren, ob die Erhöhungen in Zeiten, in denen diejenigen, die uns vor der Pandemie schützten selbst wenig verdienen, so hoch ausfallen sollten. Sicher sei jedoch, dass die PiS mit diesem Schritt zu einer schon existenten Pathologie eine weitere hinzufüge. Die aktuelle polnische Regierung, so der Autor, sei eine der größten der Welt. In den Ministerien würden, auf Staatssekretärs-Posten, Parteifunktionäre dazuverdienen, die vor allem in den Medien Hassrede verbreiten würden und darüber hinaus keine nennenswerten Kompetenzen aufzuweisen hätten. Der von der Regierungspartei angekündigte Kampf gegen Vetternwirtschaft wolle auch nicht so richtig in Fahrt kommen. 

Werde sich all das, nach den Gehaltserhöhungen ändern? Nein, denn die einzige Kompetenz, die notwendig sei, sei die Realisierung der Vision von Parteichef Kaczyński, so Paweł Wroński in der Gazeta Wyborcza. 

 

Rzeczpospolita: PiS beginnt Polnische Ordnung bei sich

Zu Beginn sei von etwa 2 Tausend PLN (etwa 500 Euro) Erhöhung die Rede gewesen. Letztendlich seien daraus knapp 6 Tausend (etwa 1500 Euro)  geworden, erinnert in seinem Kommentar zum Thema der Publizist der Rzeczpospolita Michał Szułdrzyński. Die Rebellion in den eigenen Reihen würde die PiS also mit Geldern der Steuerzahler im Keim ersticken wollen. Und das gerade in dem Moment, in dem die Verdienste der Bürger von der steigenden Inflation aufgefressen würden. Just, wenn PiS-Politiker in den Regionen unterwegs seien, um für die Polnische Ordnung zu werben, die den Lebensstandard der Polen auf das Niveau der westlichen Nachbarn anheben soll. Schade nur, dass die PiS die Realisierung des Programms und der damit verbundenen Profite bei sich begonnen haben. Es entstehe der Eindruck, als ob das legendäre gesellschaftliche Gespür von PiS-Chef Kaczyński in letzter Zeit etwas abgestumpft sei, beobachtet Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita.  

 

Dziennik/Gazeta Prawna: Anteil von Ausländern am Arbeitsmarkt immer höher

Die Zahl der Ausländer, die legal in Polen angestellt sind, hat 5 Prozent aller beruflich aktiven überschritten. Dank den Migranten könne das BIP sogar um 60 Milliarden PLN höher ausfallen, berichtet in der aktuellen Ausgabe das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Wenn die Arbeitsmigranten, vor allem aus der Ukraine, die durch die Senkung des Renteneintrittsalters verursachte Lücke auf dem Arbeitsmarkt nicht gefüllt hätten, hätten wir es in Polen mit einer Stagnation, vielleicht sogar mit einer Rezession zu tun, betont der Direktor des Zentrums für Migrationsstudien der Warschauer Universität dr hab. Paweł Kaczmarczyk. In der Praxis, so das Blatt, bedeute dies, dass ein immer größerer Teil der polnischen Wirtschaft dank Einwanderern aus dem Ausland entsteht. Dank diesen etwa 800 Tausend Personen falle das BIP etwa 2-3 Prozent, also eben 40 bis 60 Milliarden PLN  höher aus, beobachtet der Hauptökonom von Credit Agricole, Jakub Borowski. 

Das Problem: Bis dato können Migranten höchstens ein halbes Jahr am Stück in Polen arbeiten. Die Parlamentsarbeiten an einer Flexibilisierung des Systems hätten noch in der vorigen Amtszeit begonnen, von den Effekten sei jedoch weit und breit nichts zu sehen. Nun habe das Entwicklungsministerium die Vorschriften ins Visier genommen und wolle den Legislationsprozess beschleunigen, so Dziennik/Gazeta Prawna.

 

Autor: Adam de Nisau