Deutsche Redaktion

Durch Nord Stream 2 wird "niemals" Gas fliessen

25.10.2021 11:00
In einem Gespräch mit der Wochenzeitschrift Plus Minus vertritt der Wirtschaftsexperte Andres Aslund eine verblüffende These. Auf die Frage, wann Gas durch die Ostseepipeline fließen würde, antwortet der Schwede mit einem klaren: „Niemals”. 
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PLUS MINUS: Deutschland handelt naiv 

In einem Gespräch mit der Wochenzeitschrift Plus Minus vertritt der Wirtschaftsexperte Andres Aslund eine verblüffende These. Auf die Frage, wann Gas durch die Ostseepipeline fließen würde, antwortet der Schwede mit einem klaren: „Niemals”. Das US-Repräsentantenhaus habe mit den Stimmen der Republikaner, aber auch der Demokraten Sanktionen eingeführt, die das Funktionieren von Nord Stream 2 unmöglich machen, meint der Experte. Diese Restriktionen habe man an den jährlichen Militärhaushalt gebunden. Dieser Schritt verursache, dass US-Präsident Joe Biden sie nicht einfach so werde aufheben können. Der Mechanismus sei einfach: jeder, der Geschäfte mit dem Konsortium Nord Stream AG machen möchte, werde nicht nur von dem amerikanischen, sondern von den westlichen Märkten abgekoppelt. Zwar würden diese Vorschriften erst Ende des Jahres in Kraft treten, aber die Formalitäten rund um NS2 unter anderem in Deutschland würden zu diesem Zeitpunkt sicherlich noch nicht abgeschlossen sein. Darüber hinaus werde die neue Bundesregierung mit den Grünen am Bord auch eine andere Einstellung gegenüber der Ostseepipeline haben als ihre Vorgänger.

Putin sei ein Pokerspieler, sagt Aslund weiter. Er sei sich des Risikos bewusst gewesen. Er habe jedoch angenommen, dass Amerika und Deutschland schwach seien. Vieles habe übrigens darauf hingedeutet: der Sicherheitsrat, der momentan für die eigentliche Außenpolitik der USA verantwortlich sei, gehe davon aus, dass man mit Russland sanft umgehen sollte, damit es zu einer Annäherung zwischen Moskau und Peking nicht komme. Denn China sei heute der größte Konkurrent der Vereinigten Staaten. Dies sei aber eine falsche Einstellung, meint der Experte weiter. Putin habe jedoch die harte Einstellung des Kongresses nicht vorhergesehen. Nun werde er aber daraus d entsprechenden Schlüsse ziehen und andere Wege suchen, um den Westen im Schach zu halten. Außerdem hätten russische Oligarchen, wie zum Beispiel die Brüder Rotenberg Unmengen von Geld an dem Bau von Nord Stream 2 verdient. Deshalb sei diese Angelegenheit für Moskau keine Priorität mehr.

Die Gaspreise würden in Europa in die Höhe schießen. Putin wiederum meine, dass sie ohne die Inbetriebsetzung der Ostseepipeline nicht sinken würden, stellt das Blatt fest. Diese Taktik bezeichne der Wirtschaftsexperte Anders Aslung als eine reine Erpressung. Russland brauche keine weiteren Transferkapazitäten mehr. Die Zahlen würden für sich sprechen: Im Jahr 2019 habe Gazprom einen Rekordwert erreicht und Europa 165 Milliarden Kubikmeter Gas verkauft. Im vergangenen Jahr seien es schon 130 Milliarden gewesen. Allein durch die Ukraine könne Russland 120 Milliarden Kubikmeter Gas schicken. Wenn man noch die Leitungen in Polen, Turk Stream und Nord Stream 1 dazurechne, sehe man, dass schon jetzt Russlands Transferkapazitäten doppelt so groß als der Bedarf seien. Die Gaspreise in Europa seien so hoch, weil einerseits der amerikanische LNG nach Asien fliese, und andererseits Putin seine Lieferungen einfriere. In der Vergangenheit habe er sich an eine Regel strikt gehalten: nie habe er die Gaslieferungen an Finnland und Deutschland erschwert. Heute habe seien Politik auch Berlin zu spüren bekommen. Mit seinem Glauben an die Zusammenarbeit mit Russland habe sich Berlin als sehr naiv gezeigt. Übrigens in den Kontakten mit Moskau habe sich Deutschland schon immer naiv verhalten, meint der Experte. 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Zurück an den Ausgangspunkt 

In Bezug auf die Pandemie seien wir wieder am Ausgangspunkt gelandet, stell in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna die Ärztin Agnieszka Mastalerz-Migas fest. Viele Menschen tun so, als ob es den Virus Sars-Cov-2 nicht gäbe. Aber die Zahl der Neuinfizierungen in Polen steige in den letzten Tage sehr schnell. Die Krankheit bleibe gefährlich, sagt Mastalerz-Migas. Weiterhin müsse man an öffentlichen Orten den Mundschutz tragen, weiterhin sollte man auch eine sichere Distanz einhalten. Viele Menschen hätten geglaubt, dass es die vierte Welle nicht geben würde, doch momentan sehe man mit bloßem Auge, dass sich die Lage verschlechtere. In den vergangenen Monaten hätten wir nicht viel dazugelernt, beklagt die Ärztin die Einstellung ihrer Mitbürger zur Pandemie.

Sie sehe auch, dass viele Senioren die Möglichkeit einer dritten Impfung mit großer Distanz betrachten würden. Das Interesse sei nicht groß, stell sie fest. Grund für diese Einstellung könnten reguläre Aussagen der Impfkritiker seien, die die Sicherheit und die Wirksamkeit der Impfungen infrage stellen würden, so  Agnieszka Mastalerz-Migas im Blatt Dziennik/Gazta Prawna. 

RZECZPOSPOLITA: Dritter Weltkrieg? 

Fürs Staunen sorgte die jüngste Aussage des polnischen Premierministers Mateusz Morawiecki. Der Regierungschef habe in einem Zeitungsinterview erneut Stellung zu dem Rechtsstreit zwischen Warschau und Brüssel bezogen. Polen habe angekündigt, die umstrittene Disziplinarkammer bis zum Jahresende aufzulösen, erinnert die Rzeczpospolita. Morawiecki habe diese Pläne bestätigt, warnte zugleich, dass er mit allen verfügbaren Mitteln die Linie der polnischen Regierung verteidigen werde, sollte die EU-Kommission die Auszahlung der Polen zustehenden Mittel blockieren und somit zum „dritten Weltkrieg” führen. Schon jetzt sehe er ganz genau, dass das Verhalten der Europäischen Kommission sehr diskriminierend gegenüber Polen, sei, sollte sich die Lage aber verschlechtern, werde die Regierung in Warschau ihre Einstellung noch einmal gründlich durchdenken.

Nach Ansicht des polnischen Regierungschefs müsste Brüssel einen Schritt zurück machen, wenn die Kommission tatsächlich einen Kompromiss bestrebe. Zum Glück handle es sich um einen politischen Prozess, der durch Politiker gestoppt werden könne. Er hoffe deshalb, dass es dazu kommen werde, denn mit einer Pistole am Kopf werde er nicht am Verhandlungstisch sitzen, lesen wir in der Rzeczpospolita.

 

Jakub Kukla