Deutsche Redaktion

"Vorerst verlieren wir gegen Russland"

21.01.2022 09:16
Krieg in unserem Teil der Welt ist real. Putin hat ihn noch nicht begonnen und konnte sich schon überzeugen, dass der Westen so geteilt ist, dass aus den angekündigten Mega-Sanktionen nicht viel bleiben könnte, schreibt im heutigen Aufmacher der konservativ-liberalen Rzeczpospolita der Publizist Jerzy Haszczyński. Außerdem geht es auch um die Chancen auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Pegasus-Affäre.
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Rzeczpospolita: Vorerst verlieren wir gegen Russland

Krieg in unserem Teil der Welt ist real. Putin hat ihn noch nicht begonnen und konnte sich schon überzeugen, dass der Westen so geteilt ist, dass aus den angekündigten Mega-Sanktionen nicht viel bleiben könnte, schreibt im heutigen Aufmacher der konservativ-liberalen Rzeczpospolita der Publizist Jerzy Haszczyński. Die offizielle Antwort auf Putins Drohungen, so der Autor, laute zwar: wir werden uns nicht beugen, denn das wäre der Ende des Westens und auf eine Invasion auf die Ukraine werden wir mit Mega-Sanktionen und Strafen antworten, die die Welt noch nicht gesehen hat und die Putin sich nicht einmal vorstellen kann. Doch der Teufel, so Haszczyński, stecke wie immer im Detail. Genauer gesagt in zwei offenen Fragen: Erstens, was genau sei eine Invasion und zweitens, was seien Mega-Sanktionen, auf die sich alle westlichen Staaten aus der NATO und EU einigen würden? Einigkeit in diesem Bereich werde definitiv ein Problem sein, urteilt der Publizist. Dies habe Biden bei der Pressekonferenz zum Abschluss seines ersten Jahres im Weißen Haus bestätigt, als er gesagt habe, dass eine kleine Invasion nicht alle Verbündeten zu Mega-Sanktionen überzeugen würde. Wie viele Schritte genau müsse Putin also machen, damit sie groß genug ist, um zu reagieren, fragt Hasczyński? Werde die Invasion erst dann weit genug gehen, wenn die Russen mit ihren Panzern in Kiew angekommen seien? Wenn es keine Reaktion auf eine kleine Invasion gebe, lesen wir, dann könne sie sich schnell in einen Krieg auf große Skala verwandeln. 

Putin, so Haszczyński, habe sich seit Jahren für eine Konfrontation gerüstet, in Waffen und die Armee investiert, Währungsreserven kumuliert, sogar Megasanktionen müssten ihn nicht unbedingt abschrecken. Und sie würden immer weniger mega werde - die Liste der Strafen, für die alle Verbündeten grünes Licht geben würden, würde zunehmend schrumpfen. Denn wie könne man Wähler überzeugen, dass sie wegen der fernen Ukraine die Kosten des Bruchs von Verträgen mit dem Kreml tragen? Russisches Gas sei für uns unabdingbar, ebenso, wie der russische Markt für die Produkte unserer Industrie, schließlich würde der Export blendend gehen. Müssen wir Russland wirklich vom SWIFT-System abkoppeln? Solche Stimmen, beobachtet der Autor,  würden wir täglich aus unterschiedlichen europäischen Ländern hören. Wir würden nicht einmal wissen, zu welchen Opfern Polen bereit sei.

Macron, das Staatsoberhaupt des Staates, der die EU-Präsidentschaft innehabe, habe bis dato nicht einmal einen Gipfel zum Krieg zusammengerufen, der jeden Moment ausbrechen könnte. Er wolle dafür in unbestimmter Zukunft ein neues europäisches Sicherheitssystem kreieren, da ihm nicht gefalle, dass die Amerikaner in den Gesprächen mit Russland die erste Geige spielen wollen. Im Moment der seit Jahrzehnten größten Gefahr, stelle Macron den Sinn der NATO in Frage und belaste die transatlantischen Beziehungen, da ihm das bei der Wiederwahl helfen könnte. Aus all diesen Gründen, würden wir die Konfrontation mit Russland derzeit verlieren, so Jerzy Haszczyński in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita. 


Gazeta Wyborcza: Immer höhere Chancen für Untersuchungsausschuss

Die Chancen auf die Berufung eines Untersuchungsausschusses zur Abhöraffäre mit dem Spionageabwehrsystem Pegasus werden immer größer, schreibt in der aktuellen Ausgabe die linksliberale Gazeta Wyborcza. Das Projekt von Paweł Kukiz, das eine Untersuchung von Abhörpraktiken zwischen 2005 und 2021 vorsieht, so das Blatt, könne nun auf die Unterstützung der ganzen Opposition zählen. Damit habe die Opposition derzeit 230 Stimmen, die PiS ebenfalls. Die Vereinigte Rechte könne nun also versuchen, einen der parteilosen Abgeordneten oder Politiker der rechtskonservativen Partei Konfederacja auf ihre Seite zu ziehen. Zudem plane die Regierungspartei die Abstimmung im Rahmen einer Fernsitzung des Sejms durchzuführen. Bei solchen Abstimmungen, beobachtet die Gazeta Wyborcza, sei es in der Vergangenheit schon zu “technischen Störungen” gekommen, deren Beseitigung solange dauerte, bis das Abstimmungsergebnis mit den Interessen der Regierungspartei übereinstimmte. Bis dato, erinnert das Blatt, habe die PiS keine der Fernabstimmungen verloren. Anfang der Woche, lesen wir, habe ein Untersuchungsausschuss zur Pegasus-Affäre im Senat seine Arbeit aufgenommen. Ein Ausschuss im Sejm habe jedoch den Vorteil, dass er befugt ist, Vertreter der Regierung, Verwaltung und Staatsanwaltschaft unter strafrechtlicher Verantwortlichkeit zu verhören und alle Aussagen unter Eid erfolgen, so Gazeta Wyborcza. 

Autor: Adam de Nisau