Deutsche Redaktion

"Die alte Schule bewährt sich"

23.06.2022 11:47
In der neuen Ausgabe der Wochenzeitschrift Sieci nimmt der deutsche Journalist Henryk Broder die aktuelle Situation in Europa unter die Lupe. Außerdem geht es in der Presseschau auch um die Frage, welchem der polnischen Oppositionspolitiker die Wähler am meisten trauen. 
Donald Tusk
Donald TuskPAP/Maciej Kulczyński

SIECI: Deutschland weiß es besser

In der neuen Ausgabe der Wochenzeitschrift Sieci nimmt der deutsche Journalist Henryk Broder die aktuelle Situation in Europa unter die Lupe. Die Tatsache, dass sich Deutschland vor den Waffenlieferungen an die Ukraine weigere, sei die größte Schande der Bundesrepublik seit 1945, meint Broder. Vom ersten Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine hätte Deutschland die Ukrainer unterstützen müssen. Stattdessen seien Diskussionen begonnen, ob Russland bereits einen Völkermord in dem überfallenen Land begangen habe, oder ob man da eigentlich bislang nur mit Kriegsverbrechen zu tun habe – dies sei typisch deutsch, sagt der Journalist. Die Lage sei dramatisch, meint Broder weiter. Die deutschen Panzer sollen erst Ende des Jahres das ukrainische Territorium erreichen, weil es derzeit keine entsprechende Munition gäbe. Dies sei lächerlich. Das Argument, dass man keine Waffen in der Konfliktgebiet liefern solle könne er nicht nachvollziehen. Wenn man einem angegriffenen Land nicht helfen könne, wozu besitze man überhaupt das militärische Arsenal. Man liefere deutsche Waffen an Israel, man liefere sie auch an Saudi Arabien, was schon fraglich sei. Die Ukrainer würden aber keine Waffen bekommen – dies sei einfach ein Schwindel.


In dem Interview spricht Broder auch über die Haltung Deutschlands gegenüber dem Osten. Die Überzeugung von der eigenen, ganz besonderen Stellung und kulturellen Bedeutung sei sehr spürbar. Deutschland wolle kein nationaler Staat mehr sein. Zugleich verhalte sich Berlin sehr kritisch in Kontakten mit allen anderen, die den gleichen politischen Weg nicht einschlagen wollen. Berlin meine, dass die Nation keinen Wert darstelle. Die Deutschen würden versuchen sich von der eigenen Geschichte zu lösen und anderen vorzuschreiben, wie sie sich verhalten sollten um die Fehler der Deutschen nicht zu wiederholen. Aus dieser Haltung resultieren verschiedene Probleme, wie das Quotensystem bei der letzten Migrationskrise.
Nach Ansicht von Broder mische sich Berlin sehr gerne in die Angelegenheiten anderer Staaten ein, darunter in polnische oder amerikanische Diskussionen. In einem seiner Artikel habe er einmal geschrieben, dass Deutschland das Recht auf Mitbestimmung in allen Fragen oder Wahlen weltweit haben sollte. Die Anderen würden doch stets die falschen Politiker wählen, die Deutschen dagegen wüssten, was für andere Staaten am besten wäre. Ihm gefalle dieser Scherz sehr gut, gibt Broder zu. Er glaube aber nicht, dass viele Deutsche seinen Sinn für Humor in diesem Punkt teilen würden, sagt Henryk Broder in der Wochenzeitschrift Sieci.

Ein ausführliches Interview mit dem deutschen Journalisten finden Sie übrigens auch hier.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Die alte Schule bewährt sich


Der ehemalige Premierminister und EU-Ratspräsident Donald Tusk, Warschaus Stadtbürgermeister Rafał Trzaskowski und ehemaliger Fernsehjournalist Szymon Hołownia würden als die drei einflussreichsten Politiker der Opposition angesehen, schreibt die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Die Ergebnisse der neuen Umfrage würden auf einige interessanten Punkte aufmerksam machen, lesen wir weiter. Die eben genannten Politiker seien die einzigen Vertreter der Opposition, die bei der Studie ein zweistelliges Resultat bekommen hätten. Ein ähnliche Studie habe das Blatt vor einem Jahr durchgeführt – kurz nach der Rückkehr Donald Tusks in die polnische Politik. Die Podiumsplätze seien zwar identisch gewesen, aber der Abstand zwischen Tusk und Trzaskowski sei kleiner gewesen. Vor einem Jahr seien es 2 Punkt gewesen, nun betrage der Unterschied schon 34 Prozentpunkte. In den Augen der oppositionellen Wähler werde darüber hinaus Szymon Hołownia als der einflussreichere Politiker angesehen, als Trzaskowski. Dies bedeute, dass ein Jahr nach einer Rückkehr in die Politik der ehemalige Regierungschef seine Position sehr deutlich gestärkt habe. Rafał Trzaskowski indes, den viele als die junge Hoffnung der Opposition sehen wollten, könne in dem politischen Rennen offenbar nicht mithalten, schreibt die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna.

Autor: Jakub Kukla