Deutsche Redaktion

"Deutschland hatte Auschwitz-Täter in Schutz genommen"

29.01.2021 13:37
- Von den etwa 10.000 deutschen Angehörigen der Auschwitz-Besatzung wurden nach dem Krieg vielleicht 42 vor westdeutsche Gerichte gestellt - meint Professor Bogdan Musiał in einem Gespräch über deutsche Verbrechen im Zweiten Weltkrieg.
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Zdj. ilustracyjneShuterstock/Yulia Moiseeva

Von den etwa 10.000 deutschen Angehörigen der Auschwitz-Besatzung sollen nach dem Krieg nur 42 Personen vor westdeutsche Gerichte gestellt worden sein. - Man muss sich dieser Zahlen bewusst sein - sagte der Historiker Bogdan Musiał in ein  Interview mit der polnischen Presseagentur PAP. 

- Es war nicht, wie man jetzt behaupte, dass der Staat bei der Verfolgung der Verbrecher versagt hat. Dies ist insofern unwahr, als der deutsche Staat nie Kriegsverbrecher verfolgen wollte - erklärte der Akademiker.

Musiał nach, sollte daran erinnert werden, dass die Mehrheit der Auschwitz-Besatzung den Krieg überlebt hatte, weil sie nicht an der Front war.

- Es war kein großes Risiko, ein Folterer in Auschwitz zu sein. Die meisten haben sich nach dem Krieg in Westdeutschland angesiedelt und wurden dort vom Staat geschützt. Durch das Rechtssystem, durch die damalige Verfassung. Es kam sehr selten vor, dass jemand zur Verantwortung gezogen, vor Gericht gestellt wurde - sagte der Professor und fügte hinzu, dass von den 42 Personen, die vor Gericht standen, nur 9 zu lebenslanger Haft verurteilt wurden.

- Die Deutschen haben sich eine solche Interpretation zurechtgelegt, die bis 2011 oder 2012 gültig war, dass man, um einen Kriegsverbrecher zu verurteilen, nicht nur beweisen muss, dass er getötet hat, sondern dass er es nicht auf Befehl, sondern aus eigenem Willen, sozusagen zu seinem eigenen Vergnügen, getan hat. Und es gab keine Zeugen, denn sie sind in den Gaskammern gestorben - so Musiał.

Der Historiker überzeugte, dass man sich nicht ausreichend bewusst sei, dass das Wissen über das, was in Auschwitz geschah, praktisch den Polen zu verdanken ist.

- Polnische Gerichte, Witold Pilecki, der Untergrund, Jan Sehn, der ein erstaunlicher Ermittlungsrichter war. Darauf sollten sich die Polen konzentrieren. Um einerseits zu zeigen, wie die Deutschen ihre Verbrecher behandelt haben und andererseits den Beitrag der Polen zur Aufklärung all dieser Verbrechen - so der Historiker.

Dieses Bewusstsein, glaubt der Professor, sei nicht weit verbreitet.

- Die westliche Erzählung basiert weitgehend auf den Berichten von Juden, die den Holocaust überlebt haben. Diese zeigen zwangsläufig nur einen Ausschnitt des Geschehens. Aber was die Polen seit 1942 getan haben, ist sowohl aus historischer als auch aus rechtlicher Sicht unglaublich - sagte Historiker Bogdan Musiał gegenüber PAP.



PAP/jc/ps