Deutsche Redaktion

Außenminister Sikorski: EU hat im Atomstreit mit Iran getan, was möglich war

23.06.2025 10:46
Nach Einschätzung von Polens Außenminister Radosław Sikorski hat die Europäische Union im Atomstreit mit dem Iran ihre Möglichkeiten ausgeschöpft. „Die EU hat der iranischen Seite klar gesagt, dass, wenn sie nicht auf die Urananreicherung verzichtet, mit einem Angriff zu rechnen ist. Es war der Iran, der entschieden hat, dass ihm die Urananreicherung wichtiger ist“, sagte Sikorski am Montag in Brüssel vor einem Treffen der EU-Außenminister.
Radosław Sikorski
Radosław SikorskiFoto: https://www.facebook.com/radeksikorski

Der Minister dankte den europäischen Unterhändlern, die in Genf bis zuletzt versucht hatten, eine Eskalation im Nahen Osten zu verhindern. „Ich habe die Gewissheit, dass die EU getan hat, was in ihrer Macht lag“, betonte er.

Polen hat nach Angaben Sikorskis die Evakuierung seiner Staatsbürger aus der Region bereits abgeschlossen. „Gegen Mitternacht ist ein Flugzeug mit unseren Landsleuten gelandet. Das bedeutet, dass rund 300 Personen evakuiert wurden“, sagte der Minister. Andere Länder hätten erst jetzt mit Evakuierungen begonnen.

Sikorski äußerte zugleich die Sorge, dass der Krieg im Nahen Osten den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in den Hintergrund drängen könnte. „Das sehen wir leider schon. Umso mehr, als Russland die Gelegenheit in räuberischer Weise nutzt, um die Luftangriffe und Bombardierungen zu verstärken. Wir erleben erneut einen Tag des Todes in Kiew und anderen ukrainischen Städten“, sagte er.

Mit Blick auf Russland sprach sich Sikorski für weitere Sanktionen aus. Er hoffe, dass die EU noch in dieser Woche das 18. Sanktionspaket gegen Moskau verabschiede. „Russland führt eine Kriegswirtschaft. Seit Jahrhunderten zählt in diesem Land der Wohlstand der Bürger nicht. Es zählen die krankhaften Ambitionen der Machthaber“, sagte der Minister. Die Eskalation im Nahen Osten habe zudem die Ölpreise steigen lassen – das erhöhe wiederum die Einnahmen Russlands. „Wir müssen trotzdem tun, was in unserer Macht steht“, so Sikorski.

Im Hinblick auf den NATO-Gipfel, der am Dienstag in Den Haag beginnt, forderte Sikorski die Bündnispartner auf, sich stärker finanziell zu engagieren. „Ich gehe davon aus, dass die anderen NATO-Staaten sich zu dem verpflichten, was Polen bereits tut – nämlich zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben“, sagte er.

Mit Blick auf Länder wie Spanien, die Verteidigungsinvestitionen zögerlich sehen, betonte Sikorski: „Das Sicherheitsgefühl und das Bedrohungsempfinden sind in Europa nicht gleich verteilt. Das muss man verstehen.“ Eine Lösung, die den Rest des Bündnisses zum Handeln bewege, sei „akzeptabel“, so Sikorski.

Angesprochen auf mögliche doppelte Standards der EU im Umgang mit dem israelischen Angriff auf den Iran, wies Sikorski entsprechende Vorwürfe zurück. „Oft werfen uns Länder Doppelmoral vor, die selbst keinerlei Standards anwenden“, sagte er. Zudem gebe es einen wesentlichen Unterschied zwischen den Konflikten.

„Putin ist ohne Provokation in die Ukraine einmarschiert, um das Land zu erobern. Israel und die USA haben den Iran angegriffen, um zu verhindern, dass er eine Atombombe erlangt. Das sind völlig unterschiedliche Motive“, betonte Sikorski.


PAP/jc