Deutsche Redaktion

"Polnische Armee soll 450.000 Soldaten zählen"

22.02.2024 14:04
Die Erfahrungen aus dem Krieg in der Ukraine zeigen, dass die polnische Armee ihre Kapazitäten mächtig aufstocken muss. Zwei Jahre nach Kriegsausbruch leiden viele ukrainische Frauen in Polen unter psychischen Problemen. Und: Eine Finanzierung des Wiederaufbaus des Sächsischen Palais durch Deutschland wäre keine gute Idee, findet Ex-Außenminister Jacek Czaputowicz.
Жаўнеры Войска Польскага Фота: shutterstock/DarSzach

Rzeczpospolita: Polnische Armee soll 450.000 Soldaten zählen

Zu den Prioritäten des Programms für die Entwicklung der polnischen Streitkräfte bis zum Jahr 2039 gehört ihre Aufstockung auf bis zu 450.000 Soldaten, davon bis zu 150.000 aktive Reservesoldaten, schreibt die Rzeczpospolita in ihrem Aufmacher am Donnerstag. 

Wie wir lesen, hat der Generalstabschef der polnischen Streitkräfte, General Wiesław Kukuła, die neuen Pläne für die Entwicklung der Armee in Anlehnung an die Erfahrungen aus dem Krieg in der Ukraine vorgestellt. Hierbei gehe es nicht nur um die Modernisierung. Ziel sei es vor allem, einen dauerhaften Vorteil gegen den Feind aufrechtzuerhalten. Man müsse das Land vor allem wirksam verteidigen und den Feind wirksam abschrecken können, lesen wir. Wie Kukuła betont, seien die Kosten dafür geringer als die Kosten eines Krieges. 

Ein neues Modell für die Ausbildung und Aufrechterhaltung der Bereitschaft von Reservisten soll ebenfalls in diesem Jahr entstehen. Es soll auf amerikanischen Modellen basieren. Reservisten sollen bei ihrem Dienstantritt u.a. auf ihre Fähigkeiten und Talente geprüft werden.

Militärische Einheiten sollen dann nach ihrer Reaktionsfähigkeit in drei Kategorien eingeteilt werden.

Ziel sei es auch, einen Dienstethos zu schaffen, der so viele Soldaten wie möglich in der Armee verankert. Eine der Prioritäten sei auch die Entwicklung der Luft- und Raketenabwehr. Schwere Ausrüstung soll auf 44 Stück per Bataillon reduziert werden, dafür aber eine Aufklärungs- und unbemannte Komponente hinzukommen. Hierbei gehe es um den Einsatz von Drohnen, künstlicher Intelligenz, Satelliten oder Informationsoperationen, so das Blatt.

Außerdem soll die Zahl der modernen individuellen Ausrüstungen für Soldaten ebenfalls schnell ansteigen. Wie es am Schluss heißt, soll General Kukuła für diese Änderungen „grünes Licht" im Verteidigungs- und Finanzministerium haben. Die Kosten für die geplanten Maßnahmen habe der Generalstabschef der polnischen Armee jedoch nicht genannt, so Rzeczpospolita. 

dziennik.pl: Ukrainerinnen in Polen haben zwei Jahre nach Ausbruch des Krieges psychische Probleme

Bald sind zwei Jahre vergangen, seit Russland in die Ukraine einmarschiert ist. Nach dem Kriegsausbruch flüchteten etwa eine Million Frauen aus der Ukraine nach Polen, die meisten von ihnen mit Kindern, erinnert das Nachrichtenportal dziennik.pl. Eine Studie des Interdisziplinären Labors für Kriegsstudien in der Ukraine an der Universität der Nationalen Bildungskommission, so das Portal, zeige, dass viele ukrainische Frauen in Polen bereits unabhängig sind. Sie arbeiten, mieten Wohnungen und sprechen zunehmend besser Polnisch. Dennoch würden sie unter psychischen Problemen leiden, psychologische Hilfe  benötigen und zu Beruhigungsmitteln greifen. Fast die Hälfte von ihnen leide an Depressionen, lesen wir.

Obwohl die geflüchteten Frauen nicht aufgeben, heißt es weiter, würden sie für die Integration in ein fremdes Land einen hohen psychologischen Preis zahlen. Nicht nur das Trauma des Krieges belaste sie. Auch die ungewisse Zukunft mache ihnen Sorgen. Viele würden keinen Arbeitsplatz finden, der ihrer Ausbildung entspricht, was teilweise an der Trennung von der Familie oder an Problemen mit ihren Kindern liege, die aus ihrem sozialen Umfeld in der Heimat herausgerissen worden seien. In der Schule würden diese Kinder oft Konflikte mit ihren polnischen Mitschülern erleben. Fast die Hälfte der Kinder von geflüchteten Frauen besuche polnische Schulen.

Was die ukrainischen Frauen in Polen besonders schätzen, seien die Sicherheit an ihrem Wohnort und der städtische Nahverkehr. Am negativsten würden sie ihre Arbeit und ihr Gehalt sowie die finanzielle Situation ihrer Familie bewerten. Das Durchschnittsalter der befragten Frauen liege bei 44 Jahren, wobei 83 Prozent von ihnen über eine Hochschulausbildung verfügen. Allerdings sei nur die Hälfte von ihnen berufstätig, hauptsächlich wegen Sprachproblemen. Weniger als die Hälfte der Befragten spreche Polnisch, und eine von fünf kenne die Sprache nur passiv. Die Hälfte sei auch deshalb nicht berufstätig, weil die Bezahlung schlecht sei, ihre Diplome nicht anerkannt werden und die Arbeitsangebote unter ihren Qualifikationen liegen.

Viele ukrainische Frauen seien zudem mit der Gesundheitsversorgung in Polen unzufrieden. Mehr als 40 Prozent von ihnen beabsichtigen, in ihr Heimatland zurückzukehren. Sie erwägen eine Rückkehr, wenn der Krieg beendet ist, sie in der Ukraine einen gut bezahlten Job finden oder wenn die Korruption in ihrem Land beseitigt wird, so dziennik.pl. 

Rzeczpospolita: Sollte Deutschland das Sächsische Palais wiederaufbauen? 

In Bezug auf eine Wiedergutmachung für die Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg von deutscher Seite wird von Politikern und Publizisten in Polen auch eine Finanzierung des Wiederaufbaus des Sächsischen Palais durch Berlin ins Gespräch gebracht. Auch der aktuelle Außenminister erklärte in einem Interview mit dem „Spiegel", er würde ein Projekt zum Wiederaufbau des Palastes als Geste nicht ausschließen.

Keine gute Idee, findet Ex-Außenminister Jacek Czaputowicz. Wie Czaputowicz in einem Beitrag für die Rzeczpospolita betont, sollten die Polen den Palast alleine wieder aufbauen. Nur so, argumentiert der Autor, könne diese Anstrengung eine Quelle des Stolzes sein. Genauso sei es mit dem aus den Kriegsruinen wieder aufgebauten Königsschloss gewesen. Die Annahme solcher Geschenke von anderen Staaten, so der Diplomat, wäre ein Ausdruck eines Abhängigkeitsverhältnisses und nicht der Gleichheit zwischen den Staaten.

In einem solchen Verhältnis sei es der Geber, nicht der Empfänger, der symbolisch und psychologisch profitiere. So realisiere etwa China heute in vielen Ländern Investitionsprojekte. Peking würde sie als Ausdruck der Freundschaft bezeichnen. Für die Empfängerländer würden sie sich jedoch als Instrumente der Abhängigkeit entpuppen, so Czaputowicz.

Eine Herausforderung in Polens Beziehungen zu Deutschland sei auch die Asymmetrie des historischen Wissens über die von Polen während des Zweiten Weltkriegs erlittenen Opfer, fährt der Autor fort. Polen würden sich gut an diese Opfer erinnern, aber viele Deutsche seien sich dessen nicht bewusst. Um dies zu ändern, seien Initiativen vor allem in Deutschland selbst und nicht in Polen erforderlich.

Geht es nach Czaputowicz, gebe es auch andere Möglichkeiten der Wiedergutmachung. Eine tragische Folge des Krieges sei etwa die drastische Verringerung des demografischen und wirtschaftlichen Potenzials Polens gewesen. Jede Initiative zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, wie z. B. die Unterstützung des Baus der Wasserstraße bei Świnoujście, des Zentralflughafens oder der Kernenergie wäre daher sinnvoller.

Und das Sächsische Palais? Sollten die Polen es mit eigenen Kräften wieder aufbauen, wäre es ein wichtiges Symbol für die Annäherung zwischen beiden Ländern, argumentiert Polens ehemaliger Außenminister in der Rzeczpospolita.


Autor: Piotr Siemiński