Deutsche Redaktion

Debatte über Rechtsstaatlichkeit im EU-Parlament: Letzter Rettungsversuch oder politische Attacke?

12.02.2020 12:21
Im EU-Parlament hat gestern eine weitere Debatte über die Rechtsstaatlichkeit an der Weichsel stattgefunden. Während die Liberalen diese als letzten Rettungsversuch des polnischen Justizwesens bezeichnen, sieht die Regierung in Warschau darin vor allem eine politische Attacke auf Polen.
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Letzter Rettungsversuch der polnischen Justiz oder politische Attacke auf Polen? Im EU-Parlament hat gestern eine weitere Debatte über die Rechtsstaatlichkeit an der Weichsel stattgefunden. Wie Vize-EU-Kommissionschefin Vera Jourova zum Auftakt der Debatte betonte, ist die Kommission weiterhin offen für Dialog. Wie die Politikerin jedoch gleichzeitig hervorhob, hätten die polnischen Behörden die letzten umstrittenen Änderungen trotz des Appells, die Reform vorher noch einmal zu konsultieren, angenommen. Und dies könnte eine weitere Beschneidung der Unabhängigkeit der Richter in Polen nach sich ziehen. "Ich bedaure, Sie darüber informieren zu müssen, aber die letzten Ereignisse zeigen, dass die Situation in Polen sehr ernst ist. Während meiner Visite in Polen, habe ich von Regierungsvertretern gehört, dass sie weiterhin offen für Dialog in dieser Frage sind, sowohl auf politischer, als auch technischer Ebene." 

"Debatte ist eine politische Attacke auf die Regierung"

Unter den polnischen Europaabgeordneten hat als erste die Europaabgeordnete der Regierungspartei Beata Szydło das Wort ergriffen. Laut der ehemaligen polnischen Regierungschefin würden die Polen "eine Reform des Justizwesens" erwarten. Daher habe die Regierung ähnliche Lösungen eingeführt, wie diejenigen, die auch in anderen EU-Staaten gelten. Die Debatte im EU-Parlament sei, Szydło zufolge, daher vor allem ein politischer Angriff auf die Regierung auf Initiative der polnischen Opposition. "Wir haben diese Reform begonnen und werden sie auch zu Ende führen. Es stimmt, dass in Polen ein juristischer und politischer Streit über die Reform in Gange ist. Doch die Lösung des ersteren liegt in den Händen polnischer Gerichte und Gerichtshöfe und des zweiteren in den Händen der polnischen Politiker."

"Bau eines Systems, das der Regierung Straflosigkeit garantiert"

Geht es indes nach den Sozialisten, Liberalen und Vertretern der Europäischen Volkspartei, würden "Polen zu Lösungen von vor 1989 zurückkehren". In Polen sei es de facto nicht zu einer reellen Reform des Gerichtswesens gekommen, argumentierte Andrzej Halicki von der größten Oppositionspartei Bürgerplattform. "Der Zugang zu Gerichten ist heute zeitaufwendiger und teurer, als noch vor ein paar Jahren. Das ist eine Debatte über die Intention der Aneignung der polnischen Gerichte durch eine Partei. Über den Bau eines solchen Systems, das den Regierenden Straflosigkeit garantiert."

Zum Abschluss der Debatte versicherte Kommissar Didier Reynders, dass die Kommission weiterhin an einem Mechanismus für die Kontrolle der Rechtsstaatlichkeit in allen EU-Staaten arbeiten werde. Die EU-Institutionen, so der Politiker würden auch in Zukunft "alle möglichen Instrumente nutzen, um die Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen.
EVP-Vertreter appelierten zudem, dass auch der Europäische Rat mit der Rechtsstaatlichkeit in Polen ins Visier nimmt.
Die letzte Debatte über Polen im EU-Parlament hatte vor einem Monat stattgefunden.

IAR/adn