Deutsche Redaktion

Polnisches Veto ist "eine Verteidigung der Unabhängigkeit"

01.12.2020 16:55
Dieser Meinung ist der Berater des Staatspräsidenten Przemysław Żurawski vel Grajewski. 
Przemysław Żurawski vel Grajewski
Przemysław Żurawski vel GrajewskiPR24

Das Veto von Warschau und Budapest, das die Annahme des EU-Haushalts blockiere, sei eine Verteidigung der Unabhängigkeit Polens und Ungarns, meint der Berater des Staatspräsidenten, Professor Żurawski vel Grajewski in einem Interview für die polnische Presseagentur PAP. 

"Der Norden der EU, also der sog. Klub der Geizigen: Deutschland, Österreich, die Niederlande und die skandinavischen Länder wollen den Geldtransfer unter jedem Vorwand begrenzen", findet der Professor.

"Südlich der EU, d.h. Portugal, Spanien, Italien und Griechenland haben ungeheure Schulden zwischen 112 und 205 Prozent ihres BIP. Diese Länder brauchen dringend Geld und können keine Kredite als separate Länder außerhalb der EU-Struktur aufnehmen", erklärte der Politikwissenschaftler.

"Wir haben es nicht eilig"

"Die Länder des Südens der Union haben es eilig. Wir haben es nicht eilig", argumentierte der Experte und machte auf die stabile polnische Wirtschaft aufmerksam.   

"Polen hat Schulden in Höhe von nur ca. 60 Prozent des BIP, die Wirtschaft ist in einem guten Zustand, es hat immer noch viele Mittel, die aus der vorherigen Haushaltsperspektive nicht verwendet wurden, und sie könnten bis 2023 zur Verfügung stehen."

Der Berater fügte hinzu, dass der reiche Norden der EU in dieser Situation eine finanzielle Unterstützung für den Süden der EU ablehnen wollte, wobei das Veto Polens und Ungarns dazu als Argument ausgenutzt werden sollte.

"Die Länder des Nordens der EU haben versucht, den Süden gegen den Osten der EU zu wenden, aber sie riskieren, den Süden gegen die EU zu wenden."

"Wir kämpfen um die Unabhängigkeit"

Der Süden der EU werde - wie der Professor glaubt - versuchen, die durch das Veto von Warschau und Budapest verursachte Haushaltskrise zu überwinden.

"Der Süden wird in diese Richtung arbeiten, um so schnell wie möglich Mittel freizusetzen, und da wir für die Unabhängigkeit kämpfen, ist es klar, dass der Norden nachgeben sollte, um Gelder für die südlichen EU-Ländern bereitzustellen."

Der Politikwissenschaftler fügte hinzu, dass es auch ein wirtschaftliches Argument gebe, das die Deutschen, Österreicher, Holländer und Skandinavier überzeugen könnte.

"Wenn der Süden die Mittel nicht erhält, wird der Klub der Geizigen aus dem Norden der EU riesige Märkte verlieren, einschließlich Italiens und Spaniens."

- Verbraucher aus dem Süden werden kein Geld für Waren aus dem Norden der EU haben - argumentierte Żurawski vel Grajewski.

pap/ps/jc