Ein Beweis dafür sei, dass der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz das Visumverbot für Russen "aus humanitären Gründen" abgelehnt habe. "Scholz weiß, dass die Russen bereits am 4. April das Abkommen zwischen der EU und RU über Visaerleichterungen gekündigt haben. Aber das ist sowieso egal, immer ein faux humanitarian (falscher Humanist - Anm. d. Red.), eine moralische Supermacht", so Ilves.
Seiner Ansicht nach versuche Deutschland auch, sich als "ehrlicher Makler" zu positionieren. "Sie wollen Russland zeigen, dass sie kein 'verrückter russophober Osteuropäer' oder ein 'kriegstreiberischer Ami' sind, in der Hoffnung, dass Russland dies ernst nimmt und Deutschland in Zukunft Vorteile gewährt", betont der Diplomat.
"Als Trick, um mehr Gas zu bekommen, könnte es vielleicht funktionieren, aber Deutschland hat durch sein lang- und kurzfristiges Eigeninteresse, seine merkantile Doppelmoral, seine Pose und seine Zwietracht jede Möglichkeit verloren, vom Rest Europas ernst genommen zu werden", urteilt Ilves.
Seit Helmut Kohl Russland auf Kosten der Länder begünstigt habe, die während des Zweiten Weltkriegs am meisten unter Deutschland gelitten haben (vor allem Polen und die Ukraine), bestehe die deutsche Politik seiner Ansicht nach darin, "zuerst Russland zu begünstigen und daraus Nutzen zu ziehen und erst dann mit anderen zu verhandeln".
"Aber jetzt, 18 (25) Jahre nach der Erweiterung der EU und der NATO, ist Deutschland nicht mehr das Zentrum Europas. (...) Der deutsch-französische Motor hat sich als ebenso zuverlässig erwiesen wie die Abgaswerte des VW-Diesels", so der ehemalige Präsident Estlands in seinem Beitrag auf Twitter.
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