Deutsche Redaktion

Außenministerium stellt Putins Lügen im Carlson-Interview richtig

10.02.2024 07:52
Am Donnerstag veröffentlichte der konservativen US-Talkmaster Tucker Carlson sein Interview mit dem russischen Diktator Wladimir Putin. In dem Video präsentierte Putin eine Reihe von Lügen und Manipulationen im Zusammenhang mit der Geschichte Russlands, der Ukraine sowie Polens und Mitteleuropas im Allgemeinen. 
Wladimir Putin in einem mehr als zweistndigen Interview mit dem konservativen Talkmaster Tucker Carlson.
Wladimir Putin in einem mehr als zweistündigen Interview mit dem konservativen Talkmaster Tucker Carlson.PAP/EPA/GAVRIIL GRIGOROV/SPUTNIK/KREMLIN POOL

Das polnische Außenministerium veröffentlichte am Freitagabend eine Erklärung, in der es auf die wichtigsten Lügen Putins hinwies, die Carlson während des Gesprächs nicht richtig gestellt habe. Es ging u. a. um Putins Behauptung, der polnische Staat habe vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mit Nazi-Deutschland kollaboriert.

„Vor dem Zweiten Weltkrieg bemühte sich die polnische Diplomatie um gute nachbarschaftliche Beziehungen zu Deutschland. Ein Militärbündnis mit Hitler kam für Polen nicht in Frage. Polen befand sich in der Zwischenkriegszeit zwischen zwei aggressiven Nachbarn: Deutschland und Russland, die in der Praxis das Recht des polnischen Volkes auf einen unabhängigen Staat nicht anerkannten. 1934 wurde in Berlin eine polnisch-deutsche Erklärung zur Gewaltlosigkeit unterzeichnet, um die Beilegung von Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln zu regeln. Zuvor hatte Polen im Jahr 1932 bereits einen entsprechenden Nichtangriffspakt mit der UdSSR unterzeichnet", erinnerte das Außenministerium.

Die Zweite Republik habe auch Hitlers Forderungen sowie den Vorschlag eines polnisch-deutschen Bündnisses gegen die Sowjetunion abgelehnt, hieß es in der Erklärung.

„Es waren Hitlerdeutschland und die sowjetischen Behörden, die am 23. August 1939 ein Abkommen gegen Polen unterzeichneten (den sog. Ribbentrop-Molotow-Pakt), das es Deutschland ermöglichte, seine Aggression gegen Polen am 1. September 1939 durchzuführen. Sowjetrussland und Nazideutschland arbeiteten bis Juni 1941 einstimmig zusammen", erklärte Polens Diplomatie.

Wie Wladimir Putin außerdem ausführte, fiel Polen 1939 - als es nach seiner Niederlage im Septemberfeldzug zwischen dem Dritten Reich und der UdSSR aufgeteilt wurde - der Politik zum Opfer, die es zuvor gegenüber der Tschechoslowakei verfolgt habe.

„Polen hat sich nicht am Münchner Abkommen (30. September 1938) beteiligt und war auch nicht Vertragspartei dieses Abkommens, das tatsächlich die Souveränität der Tschechoslowakei stark einschränkte. Die polnischen Forderungen in Bezug auf Zaolzie wurden nach der Unterzeichnung des Münchner Abkommens gestellt", betonte das Ministerium. Es korrigierte auch die Aussage Putins, Russland sei durch die Aufteilung des polnischen Territoriums infolge des Molotow-Ribbentrop-Pakts „zu seinen historischen Territorien zurückgekehrt".

„Die UdSSR gliederte die östlichen Gebiete der Zweiten Republik infolge einer bewaffneten Aggression (17. September 1939) ein, als Polen gegen die deutsche Invasion kämpfte. Das war ein Dolchstoß in den Rücken des polnischen Staates. Die so genannten Volksabstimmungen in den polnischen Grenzgebieten, die von den Sowjets durchgeführt wurden, fanden in einer Atmosphäre des Terrors und der Fälschung statt. Lwiw und die Gebiete der damaligen Woiwodschaften Lwiw und Stanisław (die heutige Westukraine) hatten nie zum Russischen Imperium gehört. Auch die Region Vilnius war historisch gesehen kein Teil Russlands."

Das Interview des Diktators enthielt auch Lügen über die von Russland überfallene Ukraine. Geht es nach Putin sei „die Ukraine eigentlich eine künstliche Erfindung, die von Lenin und Stalin geschaffen wurde".

„Die moderne Ukraine als Staat wurde dank der ukrainischen Nationalbewegung geschaffen. Die Bolschewiki haben sie nicht geschaffen, sondern nur einen Teil ihres Territoriums erobert und sie zu einer der Sowjetrepubliken gemacht. Die Ukraine ist durch den Willen der Ukrainer selbst entstanden", unterstrich das Außenministerium. In Bezug auf Putins Behauptung, das linke Ufer des Dnjepr und Kiew seien „historisch russische" Gebiete, erinnerte das Ministerium daran, dass Kiew zu einer Zeit, als Moskau noch nicht existierte, die historische Hauptstadt der Rus war. Die Ukraine wurde 1991 ein unabhängiger Staat mit international anerkannten Grenzen.

Eine weitere Lüge Putins betraf die Geschichte der Entstehung der nationalen Identität der Ukrainer. Dem russischen Diktator zufolge sei „die Idee der Ukrainer als eigenständige Nation in Polen entstanden". „Der Prozess der Selbstbestimmung der Ukrainer als eigenständige ethnische Gruppe verlief parallel zu ähnlichen Prozessen im Europa des 19. Jahrhunderts. Niemand hat die ukrainische Nation künstlich 'erfunden'", betonte das Ministerium in seiner Erklärung.

Das Außenministerium korrigierte auch die Behauptung Putins, dass es in der Ukraine NATO-Militärstützpunkte gebe. „Es gibt keine NATO-Basen auf ukrainischem Territorium."

Wie Putin in dem Interview erklärte, habe es auch „zwei Putsche in der Ukraine gegeben, die darauf abzielten, die Beziehungen zu Russland künstlich zu brechen". Polens Diplomatie antwortete dazu, dass bei der Orangen Revolution das ukrainische Volk den Wahlbetrug nicht akzeptiert habe.

„Die Organisation eines weiteren Wahlgangs ermöglichte die Wahl von Präsident Viktor Juschtschenko, der tatsächlich die Mehrheit der Stimmen erhielt. Nach der Revolution der Würde hat Präsident Petro Poroschenko die Präsidentschaftswahlen auf demokratische Weise gewonnen", hieß es in der Stellungnahme.

Das Ministerium korrigierte auch Putins Aussage, dass „Moskau gezwungen war, die Krim zu verteidigen, weil sie bedroht war". Die russischen Streitkräfte begannen 2014 ihre unrechtmäßige Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim, betonte das Außenministerium. „2014 gab es keine Bedrohung für die Krim. Die Revolution der Würde führte zu einem friedlichen Machtwechsel durch demokratische Wahlen. Russische ,grüne Männchen' erschienen auf der Krim, um die Lage in der Ukraine zu destabilisieren", hieß es in der Erklärung des Ministeriums.


Quelle: PAP/ps