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Kommentar: Lawrow gibt öffentlich zu – Russland hat keine Verbündeten mehr

30.07.2025 07:08
Es ist ein ungewöhnlich offenes Eingeständnis aus Moskau – und eines, das in seiner Deutlichkeit überrascht. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat bei einem öffentlichen Auftritt erklärt, dass sein Land derzeit völlig ohne Verbündete im Krieg gegen die Ukraine dasteht. Eine Aussage, die nicht nur außenpolitische Schwäche zeigt, sondern auch die internationale Isolation Russlands unterstreicht. Was genau Lawrow sagte – und welche politischen Reaktionen das auslöst – fasst unser Korrespondent Jan Krzysztof Michalak aus Belarus zusammen.
Russlands Auenminister Sergej Lawrow
Russlands Außenminister Sergej LawrowHussein Eddeb/Shutterstock

Zum ersten Mal seit Langem hat Russlands Außenminister Sergej Lawrow eine bemerkenswerte Aussage getroffen. Am Montag erklärte er offen: „Zum ersten Mal in seiner Geschichte führt Russland einen Krieg ohne einen einzigen Verbündeten.“

„Russland kämpft allein gegen den gesamten Westen. Während des Ersten und Zweiten Weltkriegs hatten wir Verbündete – jetzt stehen wir allein auf dem Schlachtfeld. Deshalb müssen wir uns auf uns selbst verlassen. Wir dürfen uns keine Schwäche und keine Nachlässigkeit erlauben“, sagte Lawrow auf dem Forum „Territorium der Bedeutung“, wie die Moscow Times berichtet.

Europa – traditionell wichtigster Handelspartner Russlands – habe sich laut Lawrow inzwischen „brutal“ gegenüber Russland verhalten. Die USA hätten zudem den Respekt gegenüber dem Kreml verloren – selbst während des Kalten Krieges sei das nicht der Fall gewesen.

„Damals wurde der Dialog zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten nie abgebrochen. Und, was ebenso wichtig ist: Es herrschte gegenseitiger Respekt. Heute existiert dieser nicht mehr“, so Lawrow.

Russland halte weiterhin an dem fest, was es als „berechtigte Sicherheitsinteressen“ bezeichnet. Dazu zählen: ein Verzicht der Ukraine auf den NATO-Beitritt, der Stopp jeder weiteren NATO-Osterweiterung sowie die Anerkennung der sogenannten „Realitäten vor Ort“ – sprich, der russischen Annexion besetzter ukrainischer Gebiete.

Ein Blick auf die internationale Lage zeigt aber auch: Selbst in Ländern, die Russland lange als Partner sah, bröckelt der Rückhalt. So äußerte sich vergangene Woche ein europäischer Politiker – dessen Name sich zufällig mit dem Wort „zurückkehren“ reimt – überraschend offen. Entgegen den Aussagen seines Europaministers kündigte er an, dass sein Land niemals Sanktionen gegen Russland verhängen werde, selbst nicht unter Druck der EU.

Die Reaktion aus Moskau? Ein deutliches Signal der Zurückweisung durch Lawrow.

Nach der militärischen Niederlage in der Ukraine scheint Russland auf der Suche nach neuen außenpolitischen Erfolgen zu sein. Dabei richtet sich der Blick zunehmend auf die Region Zentralasien. Kasachstan etwa orientiert sich verstärkt Richtung China – und auch Aserbaidschan entfernt sich sichtbar von Moskau. Das wird mittlerweile auch auf militärischer Ebene spürbar.

Ein offener Konflikt mit der NATO wäre für Russland – mitten im Krieg gegen die Ukraine – kaum zu bewältigen. Und so könnte Lawrows Aussage bereits auf neue Entwicklungen hindeuten. Denkbar wäre zum Beispiel ein Eingeständnis aus Minsk, das man so zusammenfassen könnte: „Ich hatte kein Rückgrat – aber ich musste.“

Denn angesichts der aktuellen Lage scheint es kaum noch Alternativen zu geben.


Jan Krzysztof Michalak