Deutsche Redaktion

25 Jahre nach Produktionsende: Wie Polens "Maluch" ein Land motorisierte

22.09.2025 11:34
Die Geschichte des polnischen Volksautos begann 1973 unter Parteichef Edward Gierek, der den Lebensstandard an Westeuropa angleichen wollte.
Polskie Radio Kierowców rozpoczyna 4. dzień Wielkiej Wyprawy Maluchów do Monte Cassino.
Polskie Radio Kierowców rozpoczyna 4. dzień Wielkiej Wyprawy Maluchów do Monte Cassino.PRK

Vor genau 25 Jahren, am 22. September 2000, lief in Tychy der letzte Fiat 126p vom Band - ein gelbes Exemplar für das Fiat-Museum in Turin. Damit endete die Ära des Autos, das Polen motorisiert und zur Reisenation gemacht hatte. Über 3,3 Millionen "Maluch" (Kleiner) genannte Fahrzeuge prägten eine ganze Generation.

Die Geschichte des polnischen Volksautos begann 1973 unter Parteichef Edward Gierek, der den Lebensstandard an Westeuropa angleichen wollte. Nach dem Lizenzvertrag mit Fiat 1971 startete am 22. Juli 1973 die Produktion in Bielsko-Biała. Der Zweizylinder-Motor mit anfangs 594 ccm und 23 PS, Höchstgeschwindigkeit 105 km/h, kostete 69.000 Złoty - etwa 25 Monatsgehälter.

Der Andrang war gewaltig. Bereits bei der Vorpremiere im November 1972 am Warschauer Defiladenplatz drängten sich Zehntausende um die Ausstellungsmodelle. "Polski Fiat 126p - ein Auto für Kowalski", lautete der Werbeslogan. Die Wartezeit betrug bis zu fünf Jahre, ein Vorbestellsystem bestand bis 1989.

Der "Maluch" als Popkultur-Ikone

Der "Maluch" wurde zur Popkultur-Ikone. Sängerin Maryla Rodowicz fuhr 1973 damit auf die Bühne des Sopot-Festivals, die Band Czerwone Gitary ließ sich für Werbefotos ablichten. In der TV-Serie "40-latek" und Filmen wie "Nie ma mocnych" spielte er Hauptrollen. Der Film "Fetysz" (1984) zeigte die obsessive Beziehung der Polen zu ihrem Traumauto.

"In Polen hatte jeder einen Maluch und hütete ihn wie seinen Augapfel. Klein, billig, für den Urlaub - er fuhr mit uns durch halb Europa", sang die Band Big Cyc im Jahr 2000. Tatsächlich unternahmen polnische Familien damit Reisen nach Spanien, Griechenland oder Bulgarien - undenkbar nach heutigen Maßstäben für ein Auto dieser Klasse.

Der lange Weg zum Volksauto

Die Idee eines Volksautos hatte in Polen lange Tradition. Bereits 1914 träumte man von einem "Auto in jedem polnischen Haus". In den 1920er Jahren entwickelten Ingenieure wie Adam Głuchowski und Władysław Mrajski Prototypen, die jedoch nie in Serie gingen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte Polen zunächst dem sowjetischen Modell: Autos nur für Funktionäre, das Volk sollte Bus fahren. Die ab 1957 produzierte "Syrena" blieb wegen geringer Stückzahlen und hoher Preise ein Ladenhüter.

Der Fiat 126p wurde kontinuierlich verbessert: 1977 wuchs der Motor auf 650 ccm, 1987 kam die Version "bis" mit 704 ccm und 26 PS. Nach der Übernahme durch Fiat 1992 lief die Produktion zugunsten des moderneren Cinquecento aus. Verschärfte EU-Abgasnormen besiegelten 2000 das Ende.

Die letzten 1000 Exemplare entstanden als "Happy End"-Serie - 500 in Rot, 500 in Gelb. Insgesamt wurden 3.318.674 Fahrzeuge produziert. Heute, wo Polen 23 Millionen Pkw zählt - einer pro 1,6 Einwohner - sind die verbliebenen "Maluch" begehrte Oldtimer und rollende Denkmäler einer vergangenen Epoche.

PAP/adn

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