Deutsche Redaktion

Tusk warnt vor Illusionen über Russland: „Wir leben bereits in Kriegszeiten“

02.10.2025 21:14
Polens Ministerpräsident Donald Tusk hat Europas Regierungen vor gefährlichen Illusionen im Umgang mit Russland gewarnt. „Wir leben bereits in Kriegszeiten“, sagte Tusk am Donnerstag am Rande des Treffens der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Kopenhagen. Die Annahme, es gebe keinen Krieg oder dieser betreffe nur die Ukraine, sei falsch. „Das ist unser Krieg“, betonte er.
Donald Tusk
Donald TuskFilip Naumienko/REPORTER/EAST NEWS

Tusk verwies auf zahlreiche Zwischenfälle, darunter einen Vorfall mit russischen Schiffen nahe der polnischen Ostseeplattform Petrobaltic sowie tägliche illegale Grenzübertritte an der EU-Außengrenze zu Belarus. „Wir haben es fast jeden Tag mit Provokationen zu tun“, sagte er. Auch der jüngste Drohnenangriff habe gezeigt, „wie komplex diese neue Art von Krieg ist“.

Der Regierungschef skizzierte drei weit verbreitete Irrtümer in Europa: Erstens, es gebe keinen Krieg; zweitens, es sei nicht der eigene Krieg; drittens, die Ukraine könne ihn nicht gewinnen. Diese Sichtweise sei von russischer Propaganda geprägt. „Wenn die Ukraine verliert, verlieren auch wir“, warnte Tusk.

Zugleich machte er deutlich, dass der Westen Russland wirtschaftlich und demografisch überlegen sei. „Unsere Bevölkerung umfasst fast 500 Millionen Menschen gegenüber 150 Millionen Russen. Wir sind technologisch besser vorbereitet und viel wohlhabender“, so Tusk. Der einzige Vorteil Russlands liege darin, dass die Menschen dort bereit seien zu leiden und Opfer zu bringen. „Manchmal fehlt uns diese Entschlossenheit.“

Tusk rief die europäischen Staaten auf, sich nicht einschüchtern zu lassen. Das Beispiel Moldaus zeige, dass auch kleinere Länder russischem Druck standhalten könnten. Zugleich stellte er klar, dass er keine Eskalation anstrebe: „Wir wären die ersten Opfer eines offenen Krieges.“ Für Polen habe Frieden oder zumindest ein Waffenstillstand „absolute Priorität“. Wenn Russland in der Ukraine siegreich wäre, „wäre das das Ende meines Landes und Europas“.


PAP/jc