Hintergrund sind jüngste Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der bei einer Rede auf der Valdai-Konferenz mehrfach eine „überzeugende Antwort“ auf vermeintliche Bedrohungen aus Europa ankündigte. Dabei warnte Putin insbesondere NATO-Neumitglied Finnland vor Konsequenzen und kündigte eine Verlegung von Streitkräften an die finnische Grenze an.
Polko bewertet die Rhetorik als Teil einer gezielten Angststrategie. „Russland versucht ständig, dem Westen eine Narration der Furcht aufzuzwingen“, so der General. Die russische Armee sei jedoch „bereits kompromittiert und habe ihre Schwäche gezeigt“. Sie sei „nicht in der Lage, den Dnepr zu überqueren“, und kämpfe seit Jahren ohne Erfolg in der Ostukraine. Auch die Militärmanöver „Zapad“ seien im eigenen Land zum Spott geworden.
Nach Ansicht Polkos stützt sich Moskaus Abschreckung vor allem auf nukleare Drohungen. Ein Einsatz von Atomwaffen sei jedoch unwahrscheinlich. „Um sie zu verwenden, müsste Russland die Zustimmung Chinas einholen. China wird das nicht erlauben. Russland ist ein Vasall Chinas“, sagte er.
Mit Blick auf eine mögliche Stationierung russischer Truppen nahe Finnland relativierte Polko die Gefahr: „Sie werden vielleicht Kräfte entsenden, die Muskeln spielen lassen, aber die russische Armee ist schwach. Sie hat nicht einmal die Kapazitäten, den Donbass zu erobern.“
Der General warnte vor psychologischer Einschüchterung. Der Westen solle sich „nicht in einen kognitiven Krieg hineinziehen lassen“, dessen Ziel es sei, Russland als unantastbare Großmacht darzustellen. „Man muss nicht unterwürfig sein“, so Polko.
Zur Debatte über mögliche US-Waffenlieferungen an Kiew sagte Polko, die Ukraine habe „das Recht auf Verteidigung“. Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit einer Reichweite von 2.500 Kilometern seien „effektiv und sinnvoll einzusetzen“. Auch wenn die USA derzeit zögerten, sollten NATO-Staaten „den Weg der Stärke wählen“. Polko verwies dabei auf historische Vorbilder: „Churchill sagte, Russland verachtet nichts mehr als Schwäche.“
PAP/jc