Kurz vor der Bekanntgabe des Literaturnobelpreises wird wieder kräftig spekuliert: Auf den Wettlisten stehen wie jedes Jahr bekannte Namen – doch ein klarer Favorit ist bislang nicht auszumachen.
Als Spitzenreiter gilt erneut der japanische Schriftsteller Haruki Murakami, der seit Jahren als Anwärter gehandelt wird. Mit seinem unverwechselbaren Stil des magischen Realismus hat er weltweit eine treue Leserschaft. Gute Chancen werden auch Can Xue eingeräumt, einer wichtigen Vertreterin der literarischen Avantgarde Chinas. Ihre experimentellen Erzählungen über Heimatlosigkeit werden häufig mit dem Werk Franz Kafkas verglichen.
Nachdem im vergangenen Jahr die Südkoreanerin Han Kang ausgezeichnet wurde, rechnen Beobachter allerdings nicht damit, dass der Preis 2025 erneut nach Ostasien geht. Im Gespräch sind daher auch der australische Autor Gerald Murnane, die osteuropäischen Schriftsteller László Krasznahorkai aus Ungarn und Mircea Cărtărescu aus Rumänien, die kanadische Lyrikerin Anne Carson, der argentinische Erzähler César Aira, der kenianische Romancier Ngũgĩ wa Thiong’o, der syrisch-libanesische Dichter Adonis sowie der koreanische Poet Ko Un – ein Landsmann der Preisträgerin von 2024.
„Einen klaren Favoriten oder eine klare Favoritin gibt es in diesem Jahr nicht“, sagte Håkan Klingén, Betreiber des schwedischen Wettportals Nysa Odds. „Aber das kann sich noch in den letzten Stunden vor der Verkündung ändern.“
Die Jury in Stockholm ist traditionell für Überraschungen bekannt. So galt die letztjährige Preisträgerin Han Kang mit einer Quote von 33 zu 1 als Außenseiterin. Auch 2021 kam die Entscheidung unerwartet – damals gewann der aus Sansibar stammende britische Autor Abdulrazak Gurnah, auf den kaum jemand gewettet hatte.
Fünf Mal ging der Literaturnobelpreis an Polen
Bislang erhielten 121 Personen den Literaturnobelpreis, darunter fünf aus Polen: Henryk Sienkiewicz (1905), Władysław Reymont (1924), Czesław Miłosz(1980), Wisława Szymborska (1996) und Olga Tokarczuk.
Tokarczuk erhielt den Nobelpreis für ihre Romane „Unrast“ (Bieguni) und „Die Jakobsbücher“ (Księgi Jakubowe). Bei der Zeremonie am 10. Dezember 2019 in Stockholm nahm sie die Auszeichnung von König Karl XVI. Gustaf entgegen. „Ich fühle mich geehrt, diesen Preis gemeinsam mit den bedeutendsten Vertretern der Wissenschaft auf der Welt zu erhalten“, sagte Tokarczuk damals. „Man sagt, es gebe eine große Kluft zwischen Wissenschaftlern und Künstlern, aber das stimmt einfach nicht. Das Entdecken anderer Disziplinen ist eine inspirierende Quelle der besten Ideen.“
Der Literaturnobelpreis wurde in der Geschichte siebenmal nicht vergeben. Insgesamt stammen fünf Preisträgerinnen und Preisträger aus Polen: Neben Tokarczuk wurden Henryk Sienkiewicz (1905), Władysław Reymont (1924), Czesław Miłosz (1980) und Wisława Szymborska (1996) ausgezeichnet.
PAP/jc