Als Parlamentspräsidentin Roberta Metsola am Mittwoch die beiden Preisträger des Jahres bekanntgab – den inhaftierten belarussischen Polen und eine Georgierin – reagierte die belarussische Opposition im In- und Ausland mit Freude, aber auch mit Bitterkeit. Denn Poczobut lebt in völliger Informationsisolation und hat kaum Kontakt zur Außenwelt. Es ist daher ungewiss, wann er überhaupt von der Auszeichnung erfahren wird.
Polen fordert seit Langem seine Freilassung, doch das Regime in Minsk ignoriert alle Appelle. Das belarussische Außenministerium weist Kritik aus Europa regelmäßig zurück und betont, es gebe im Land keine politischen Gefangenen. Alle Verurteilten hätten angeblich reale Straftaten begangen.
Im Fall von Andrzej Poczobut bestand diese vermeintliche „Straftat“ darin, den sowjetischen Einmarsch in Polen am 17. September 1939 als das zu bezeichnen, was er war – einen Akt der Aggression gegen einen souveränen Staat und ein Bündnis der UdSSR mit Hitler im Zweiten Weltkrieg. Nach mehr als 500 Tagen in Untersuchungshaft wurde Poczobut in einem geheimen Verfahren in Hrodna zu acht Jahren Haft verurteilt. Das Urteil lautete auf „Anstachelung zum Hass“ – ein Ausdruck, mit dem das Lukaschenko-Regime heute schlicht die Wahrheit über die Geschichte kriminalisiert.
Viele Belarussen, die Polen und den Polen freundlich gesinnt sind, gratulierten am Mittwoch in den sozialen Medien sowohl sich selbst als auch Polen zur europäischen Anerkennung des belarussisch-polnischen Journalisten. Sie äußerten die Hoffnung, dass Poczobut bald freikommt und den Preis persönlich entgegennehmen kann. Doch sicher ist das nicht: Auch der Friedensnobelpreisträger Ales Bjaljazki sitzt trotz seiner Auszeichnung weiterhin in Haft.
Dennoch hat die Nachricht über die Verleihung des Sacharow-Preises in Belarus eine spürbare Wirkung. Selbst in der bedrückenden Atmosphäre der anhaltenden Repressionen fühlten viele Menschen, dass sie nicht allein gegen das autoritäre Regime stehen. Die Auszeichnung hat einen Funken Hoffnung geweckt – auf das Ende der Diktatur und auf ein freies Belarus, in dem die wahren Helden des Landes in Freiheit leben können.
Ein belarussischer Journalist formulierte es so:
„Polen hat im letzten Jahrhundert nach der Niederschlagung der Solidarność im Kriegsrecht nicht aufgegeben. Auch wir dürfen nicht aufgeben – denn ohne Hoffnung kann man nicht siegen.“
Möge Andrzej Poczobut, Ales Bjaljazki und den mehr als tausend weiteren politischen Gefangenen in Belarus genug Hoffnung und Glaube bleiben, um ihr Land von der russischen Vorherrschaft zu befreien – und es eines Tages in die europäische Familie zurückzuführen, zu der es gehört.
Aus Belarus für den Auslandsdienst des Polnischen Rundfiunks – Jan Krzysztof Michalak