Deutsche Redaktion

Vor 80 Jahren begann in Nürnberg der Prozess gegen Kriegsverbrecher

20.11.2025 10:22
Vor 80 Jahren, am 20. November 1945, hat in Nürnberg der Prozess gegen die Kriegsverbrecher des nationalsozialistischen Deutschlands begonnen. Der vor dem Internationalen Militärgerichtshof geführte Prozess dauerte bis zum 1. Oktober 1946 und gilt bis heute als ein Wendepunkt in der Geschichte des internationalen Rechts.
In Nrnberg  dem frheren Zentrum der NS-Propaganda  standen 24 Spitzenfunktionre des Dritten Reiches vor Gericht.
In Nürnberg – dem früheren Zentrum der NS-Propaganda – standen 24 Spitzenfunktionäre des Dritten Reiches vor Gericht. https://collections.ushmm.org/search/catalog/pa7388/domena publiczna

Zum ersten Mal mussten führende Vertreter eines souveränen Staates – des Dritten Reiches – für ihre Taten vor einem internationalen Gericht Verantwortung übernehmen. Die Wahl des Verhandlungsortes war bewusst getroffen worden: Nürnberg war vor dem Zweiten Weltkrieg ein zentraler Schauplatz nationalsozialistischer Propaganda und Reichsparteitage.

Richter und Ankläger kamen aus Großbritannien, Frankreich, der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten. Die Anklage warf den 24 Beschuldigten vier zentrale Verbrechen vor: die Planung und Vorbereitung eines Angriffskrieges, Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen sowie erstmals definiert Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Insgesamt verhängte das Gericht zwölf Todesurteile, unter anderem gegen Hermann Göring, Joachim von Ribbentrop und Hans Frank. Drei Angeklagte erhielten lebenslange Haftstrafen, drei wurden freigesprochen, vier zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Todesurteile wurden am 16. Oktober 1946 vollstreckt. Nur Göring entging seiner Hinrichtung durch Selbstmord.

Der Prozess stieß weltweit auf große Aufmerksamkeit. Rund 250 Journalistinnen und Journalisten verfolgten die Sitzungen im Justizpalast – darunter auch polnische Reporter. Einer von ihnen, Karol Małcużyński, erinnerte sich Jahre später im Polnischen Rundfunk an den historischen Charakter der Verfahren: „Zum ersten Mal wurden Menschen zur Verantwortung gezogen, die die höchsten staatlichen Ämter innehatten“, sagte er. „Und zum ersten Mal in der Geschichte des Völkerrechts wurde Krieg als Unrecht anerkannt.“

Mehr als 400 öffentliche Sitzungen fanden statt, 240 Zeugen wurden gehört. Auch die polnische Schriftstellerin und Auschwitz-Überlebende Seweryna Szmaglewska sagte aus. Ihre eindringlichen Schilderungen über das Schicksal der im Lager ermordeten Kinder hinterließen tiefe Spuren im Gerichtssaal. „Kinder vom Säuglingsalter bis zu 14 Jahren wurden lebendig in die Flammen geworfen, und ihre Schreie waren im ganzen Lager zu hören“, berichtete sie.


Proces Norymberski Proces Norymberski

Der Prozess lieferte umfangreiches Beweismaterial: Über 5.000 Dokumente wurden eingereicht, jedes Wort der Verhandlungen simultan in vier Sprachen übersetzt. Die Anklageschrift war bereits während des Krieges konzipiert worden, wies jedoch Lücken auf – unter anderem fehlten Hinweise auf die deutsche Besatzungspolitik in Polen sowie auf die Einrichtung jüdischer Ghettos. Im Laufe des Verfahrens wurde sie mehrfach überarbeitet.

Die sowjetische Delegation versuchte zudem, die Verantwortung für das Massaker von Katyń den Deutschen zuzuschreiben – jedoch ohne Erfolg.

Nach den Hinrichtungen wurden die Leichen der Verurteilten verbrannt und die Asche aus einem Flugzeug über der Isar verstreut. Der polnische Journalist Edmund Osmańczyk schrieb damals in einem Bericht aus Nürnberg: „Der Prozess sollte verhindern, dass die Führer des Dritten Reiches jemals zu Nationalhelden werden. Er sollte dafür sorgen, dass zukünftige Generationen die blutige Schuld anerkennen und den schrecklichen moralischen Preis gegenüber der Welt begleichen wollen – und können.“

Der Nürnberger Prozess gilt heute als Geburtsstunde des modernen Völkerstrafrechts. Begriffe wie Verbrechen gegen die Menschlichkeit und später Völkermord prägen bis heute internationale Rechtsprechung und globale Erinnerungskultur.


PAP/jc