Nach dem Ukraine-Gipfel in der Bundeshauptstadt haben führende Politiker aus Europa, den USA und der Ukraine vorsichtig optimistische Signale gesendet. Bei den Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und einer US-Delegation ging es vor allem um mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine sowie um Perspektiven für einen Waffenstillstand. Trotz sichtbarer Annäherungen bleiben zentrale Streitpunkte bestehen, insbesondere die Frage möglicher territorialer Zugeständnisse.
Die Teilnehmer erklärten in einer gemeinsamen Stellungnahme, dass im Falle eines Abkommens mit Russland eine von Europa geführte und von den USA unterstützte Militärmission vorgesehen sei. Diese Mission könnte auch auf ukrainischem Staatsgebiet eingesetzt werden und Teil umfassender Sicherheitsgarantien für die Ukraine sein. Voraussetzung dafür sei jedoch eine Einigung mit Moskau.
Der ukrainische Präsident Selenskyj machte deutlich, dass sein Land weiter auf Unterstützung aus Washington setze. Sollten die Gespräche scheitern, werde er die USA um neue Sanktionen gegen Russland sowie um zusätzliche Waffenlieferungen bitten – darunter auch Langstreckenwaffen. „Ich denke, Amerika wird mit Sanktionen Druck ausüben und uns mehr Waffen liefern, wenn Putin alles ablehnt“, sagte Selenskyj vor Journalisten. Zugleich bekräftigte er, dass die Ukraine eine zeitlich begrenzte Waffenruhe, etwa rund um die Weihnachtsfeiertage und insbesondere im Bereich der Energieinfrastruktur, grundsätzlich unterstütze.
Selenskyj wies Berichte zurück, wonach Kiew bereit sein könnte, den Donbas aufzugeben. Zwar sei die Frage territorialer Zugeständnisse „schmerzhaft“, doch werde die Ukraine den Donbas nicht als russisches Territorium anerkennen. Nach Angaben aus US-Kreisen drängen die Vereinigten Staaten dennoch auf einen Rückzug ukrainischer Truppen aus Teilen des Gebiets Donezk – ein Schritt, der in der Ukraine auf erheblichen Widerstand stoßen dürfte.
Tusk spricht von Einigkeit
Polens Ministerpräsident Donald Tusk sprach nach dem Gipfel von spürbaren Fortschritten. „Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass sich alle wie Verbündete aus einem Lager verhalten“, sagte Tusk. Zuvor habe es zeitweise den Eindruck gegeben, die USA positionierten sich „entweder über oder zwischen“ den europäischen Partnern. Entscheidend sei nun, dass der Westen geschlossen auftrete.
„Nur ein geeinter Westen kann Russland zu ernsthaften Gesprächen über ein Ende des Krieges oder zumindest über einen Waffenstillstand bewegen“, betonte Tusk.
Besonders wichtig sei aus polnischer Sicht die Frage der Sicherheitsgarantien. „Sicherheitsgarantien für die Ukraine sind in gewissem Sinne auch Sicherheitsgarantien für Polen“, sagte der Regierungschef. Eine Ukraine, die erneut von russischer Aggression bedroht sei, stelle ein erhebliches Risiko für Polen und andere Staaten in Frontnähe dar.
Gleichzeitig dämpfte Tusk Erwartungen an eine schnelle Waffenruhe. Russland sei derzeit offenbar nicht ernsthaft an Friedensverhandlungen interessiert. „Vor Weihnachten halte ich eine Waffenruhe für sehr wenig wahrscheinlich“, sagte er. Es brauche weiteren Druck und ein klares Signal der Geschlossenheit des Westens.
Trump: „Ich denke, wir sind näher an einer Lösung als je zuvor“
Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte die Einigkeit der Gipfelteilnehmer. „Wir gehen vereint voran für einen soliden und dauerhaften Frieden in der Ukraine“, schrieb Macron im Onlinedienst X. Ziel sei es, die militärische Unterstützung fortzusetzen, belastbare Sicherheitsgarantien zu schaffen und den Wiederaufbau der Ukraine vorzubereiten. Nun sei es an Russland, sich für den Frieden zu entscheiden.
US-Präsident Donald Trump zeigte sich ebenfalls zuversichtlich. Nach eigenen Angaben führte er lange Gespräche mit Selenskyj sowie mit den Staats- und Regierungschefs mehrerer europäischer Länder und der Nato. „Ich denke, wir sind näher an einer Lösung als je zuvor“, sagte Trump im Oval Office. Zwar gebe es weiterhin widersprüchliche Signale aus Moskau und Kiew, doch seien „große Fortschritte“ erzielt worden.
PAP/jc