"Die Polen sind vom Kapitalismus überrollt worden. Auch durch uns. Die Deutschen haben sehr stark zu den Veränderungen in Polen beigetragen, so dass sie für uns von Vorteil sind“, sagte in einem Interview für die polnische Presseagentur PAP Reinhard Petzold, der Chef der Deutsch-Polnischen Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit (DePoWi).
"Wir haben Polen als ein Land der billigen Arbeitskraft aufgebaut. Es war sehr schwierig für Polen, dieses Image loszuwerden", betonte Petzhold.
Der deutsche Experte wies auf das Problem der höheren Preise für die gleichen Produkte in Polen im Vergleich zu Deutschland hin. Laut einem Bericht der Verbraucherzentrale Brandenburg sind Haushaltschemie, Süßigkeiten und Kosmetika in Deutschland über 20 Prozent günstiger.
Laut Petzold liegt der Grund darin, dass die deutschen Distributoren erkannt haben, dass es auf polnischer Seite eine hohe Nachfrage nach deutschen Waren gibt. "Sie beschlossen, das auszunutzen, indem sie die Preise erhöhten. Nicht jeder Pole kann es sich leisten, nach Deutschland zu reisen", erklärte Petzold.
"Es gibt keinen wirtschaftlichen Grund, warum die gleiche Schokolade - mit gleicher Zusammensetzung, gleichem Gewicht und gleichem Hersteller - im polnischen Lidl teurer sein sollte als in Deutschland. Das gleiche gilt für Reinigungsmittel. Das häufigste Argument von Vertretern deutscher Handelsketten, dass die Preise in Polen höher sein müssen, weil sie Transportkosten enthalten, ist lächerlich. Zwischen Frankfurt (Oder) und Słubice gibt es keine Entfernung, und doch sind die Preise einiger Artikel in einer Drogerie-Kette auf der deutschen Seite deutlich niedriger", gab Petzold zu.
Auf die Frage, warum Polen bereit sind, einen höheren Preis für deutsche Artikel zu zahlen, antwortete er eindeutig: die Wirkung der Werbung.
"Die Länder des ehemaligen sozialistischen Blocks wurden nach dem demokratischen Durchbruch mit Waren aus dem Westen überschwemmt. Dazu gab es Werbung, die unglaubliche Dinge versprach. Die Menschen waren begeistert und begannen, deutsche Sachen mit besserer Qualität zu assoziieren", erklärte er.
Petzold erwähnte, dass ein ähnlicher Prozess in der DDR stattgefunden hat.
"Die Folge war, dass das Interesse an Produkten z.B. aus Brandenburg völlig zusammenbrach. Sie wurden umsonst verkauft, obwohl sie besser waren. Sie hatten eine bessere Zusammensetzung und einen besseren Geschmack als die westlichen. Es hat 8-9 Jahre gedauert, bis die Leute auf die Idee gekommen sind, dass man attraktive Verpackungen nicht essen kann und dass einheimische Produkte besser schmecken. Ich denke, dass einige Menschen in Polen noch zu diesem Schluss kommen müssen", sagte Petzold in dem Gespräch mit der polnischen Presseagentur PAP.
PAP/ps