Deutsche Redaktion

Musik eines polnischen Komponisten aus der Kriegszeit im Koffer gefunden

19.03.2021 09:22
Bis nach seinem Tod lag die Partitur für das vergessene Violinkonzert des polnischen Komponisten Ludomir Różycki in einem Koffer im Garten seines verlassenen Warschauer Hauses begraben.
Ludomir Różycki (1883-1953)
Ludomir Różycki (1883-1953)PAP/Wojciech Kondracki

Ludomir Różycki, ein polnischer Komponist, gehörte zu einer Gruppe von Musikern, die nach dem Ersten Weltkrieg versuchten, die Musik ihres Landes wiederzubeleben. Różycki begann 1944, im Sommer des Warschauer Aufstands, mit der Arbeit an seinem Violinkonzert. Er und seine Familie flohen aus Warschau, aber nicht bevor Różycki das Manuskript in einem Koffer versteckt in seinem Garten begraben hatte.

Inmitten des Zweiten Weltkriegs wurde versucht, die kulturelle Identität Polens von seiner blühenden Musikszene bis zu seinen wertvollen Kunstwerken auszulöschen. Während der Besetzung durch deutsche Nationalsozialisten wurden Tausende polnischer Künstler getötet, mehrere historische Artefakte geplündert und viele Musiker und Orchester mussten angesichts eines kulturellen Völkermords in den Untergrund gehen.

Różyckis Familie hat den Warschauer Aufstand nicht überlebt. Nach dem Krieg fand er in Katowice Arbeit als Lehrer und Komponist und hatte sich mit dem Verlust seines versteckten Konzerts abgefunden. Jahre später sind Bauarbeiter, die die Ruinen seines Hauses räumten, unerwartet auf den vergrabenen Koffer gestoßen. Die Partituren fanden ihren Weg in die Archive der polnischen Nationalbibliothek, wo sie bis vor kurzem noch vergessen lagen.

Im Jahr 2018 stieß der Geiger Janusz Wawrowski auf die Partituren und war fasziniert. „Vor einigen Jahren bin ich zum ersten Mal auf Fragmente des Manuskripts gestoßen“, sagte Wawrowski, einer der führenden klassischen Geiger Polens gegenüber dem klassischen Radiosender Classic FM. In Zusammenarbeit mit dem Pianisten und Komponisten Ryszard Bryła hat er das Konzert überarbeitet. Das Projekt dauerte mehrere Jahre, und 2018 hatte Wawrowski schließlich das opulente, postromantische Konzert zum ersten Mal vor einem Live-Publikum aufgeführt.


Janusz Wawrowski / PAP/Radek Pietruszka Janusz Wawrowski / PAP/Radek Pietruszka

"Wir haben gehofft, dass das Ergebnis Różyckis ursprünglichem Denken so nahe wie möglich kommt", sagte Wawrowski. „Für mich ist das Konzert voller Energie und Leben Warschaus vor dem Krieg, und ich glaube der Komponist hat versucht, diese positive Energie zu beschwören und zu vermitteln, als er sie 1944 schrieb - in einer sehr dunklen Zeit als die Artillerie der Nazis auf die Stadt niedergefallen war“, fügte der Geiger hinzu.

Jetzt wurde das Konzert offiziell als Aufnahme in einem neuen Album zusammen mit Tschaikowskys Violinkonzert veröffentlicht.
Różycki ist 1953 gestorben, bevor seine Komposition wiederentdeckt wurde.


culture.pl/ps