Deutsche Redaktion

Russische Behörden drosseln YouTube-Datenübertragung: Maßnahmen zur Zensur vermutet

08.08.2024 21:59
Seit über einer Woche berichten unabhängige russische Medien, dass die russischen Behörden den Datentransfer von YouTube im Land gezielt einschränken. Was zunächst als technische Störung durch hohe Serverauslastung bei Google vermutet wurde, stellt sich nun als gezielte Maßnahme der Regierung heraus, informiert das Portal Meduza am Donnerstag.
zdjęcie ilustracyjne
zdjęcie ilustracyjne Shutterstock/Chubo - my masterpiece

Gezielte Verlangsamung durch Roskomnadzor 

Laut Meduza hat der Föderale Dienst für die Überwachung im Bereich der Kommunikation, Informationstechnologie und Massenkommunikation, bekannt als Roskomnadzor, die Verlangsamung von YouTube in Russland veranlasst. Die Datenübertragungsrate wurde für den privaten Internetgebrauch auf 128 Kilobit pro Sekunde gedrosselt, was es Nutzern nur noch ermöglicht, Videos in niedriger Auflösung anzusehen. Diese Maßnahme soll seit Anfang August gelten und wurde an die Internetanbieter des Landes weitergegeben. 

Einschränkungen führen zu Unmut, aber nicht zu Verzicht 

Trotz dieser drastischen Maßnahmen ist der Verkehr auf YouTube in Russland noch nicht vollständig zum Erliegen gekommen. Viele Nutzer berichten über erhebliche Schwierigkeiten, jedoch nicht über einen völligen Verzicht auf die Plattform. Meduza führte eine Umfrage unter ihren Lesern durch, um herauszufinden, wie sie mit den Einschränkungen umgehen. Einige Nutzer fanden Wege, die Blockaden zu umgehen, während andere auf Probleme selbst bei der Nutzung von Smartphones hinwiesen. 

Hintergrund der Maßnahmen: Zensurverdacht 

Bereits im Juli berichtete Meduza, dass die russischen Behörden technische Probleme bei Google für die Verlangsamung verantwortlich machten. Doch Quellen des Portals legen nahe, dass diese Begründung vorgeschoben ist. Vielmehr sei es eine gezielte Aktion der Regierung, die Kontrolle über den Zugang zu westlichen Plattformen wie YouTube zu verschärfen. Rostelecom, ein führender Telekommunikationsanbieter, hatte damals vor „Problemen mit Google-Hardware“ gewarnt, doch Insider vermuten, dass diese Aussage lediglich dazu diente, den wahren Grund zu verschleiern. 

Der Übergang zu russischen Plattformen 

Mit der zunehmenden Möglichkeit, dass YouTube pro-kremlische Desinformation blockieren könnte, versuchen russische Behörden, Influencer, staatliche Stellen und große Medienunternehmen auf einheimische Plattformen wie Rutube und VKontakte zu verlagern. Berichten zufolge werden auch neue Plattformen vorbereitet, doch Experten sind sich einig: Das, was Moskau derzeit anbieten kann, ist weitaus schlechter als YouTube. Der Aufbau einer vergleichbaren Plattform könnte laut Meduza mindestens fünf Jahre in Anspruch nehmen. 

Technische Kontrolle durch Roskomnadzor 

Die Verlangsamung des YouTube-Zugangs in Russland wird technisch durch spezialisierte TSPU-Ausrüstung ermöglicht, die in den Netzwerken der Telekommunikationsbetreiber installiert und von Roskomnadzor überwacht wird. Diese Systeme, die als „technische Mittel zur Gefahrenabwehr“ bezeichnet werden, ermöglichen es den Behörden, gezielt auf den Datenverkehr im Land Einfluss zu nehmen. 

Google als Sündenbock

Die russischen Behörden haben Google für die Verlangsamung verantwortlich gemacht und behaupten, dass das Unternehmen seit der Invasion in der Ukraine im Jahr 2022 seine Hardware in Russland nicht modernisiert habe. Beobachter sehen in diesen Aussagen jedoch einen Versuch, von den eigenen Zensurmaßnahmen abzulenken und die Verantwortung auf externe Akteure abzuwälzen.

polskieradio/meduza/jc