Deutsche Redaktion

Präsident fordert Kriegsreparationen. „Rechtliche und moralische Pflicht“

16.09.2025 10:15
Polens Präsident Karol Nawrocki wurde am Morgen von Bundespräsident Steinmeier mit militärischen Ehren vor Schloss Bellevue empfangen. „Wir haben die rechtliche und moralische Pflicht, Wiedergutmachung und Entschädigung einzufordern“, sagte Kanzleichef Zbigniew Bogucki am Dienstag dem Nachrichtenportal Onet.
Prsident Karol Nawrocki ist zu Gesprchen in Berlin mit Bundesprsident Steinmeier und Kanzler Merz. Dort will er die Frage der Reparationen direkt ansprechen.
Präsident Karol Nawrocki ist zu Gesprächen in Berlin mit Bundespräsident Steinmeier und Kanzler Merz. Dort will er die Frage der Reparationen direkt ansprechen.PAP/Paweł Supernak

Polens Präsidialkanzlei hat die Forderung nach deutschen Kriegsreparationen für die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs bekräftigt. „Die Reparationen wurden nie gezahlt – ich spreche von Wiedergutmachung und Entschädigung“, sagte Bogucki. Unabhängig davon, wie viel Zeit seit den deutschen Verbrechen vergangen sei, müsse Polen seine Ansprüche „hartnäckig verfolgen“.

Treffen in Berlin und Paris

Präsident Karol Nawrocki weilt heute zu Gast in Berlin. Am Morgen traf er sich mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Im Kanzleramt trifft er sich mit Bundeskanzler Merz zusammen. Themen dürften die Bedrohung durch Russland, der Ukraine-Krieg sowie die Reparationsforderungen an Deutschland sein. Am Nachmittag ist zudem ein Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris vorgesehen.

Nach Angaben Boguckis werde Nawrocki das Thema Kriegsreparationen ausdrücklich ansprechen. Auf die Frage, ob es sinnvoll sei, über „alte Rechnungen“ zu sprechen, sagte Bogucki: „Es hat Sinn, weil es ein lebenswichtiges polnisches Interesse ist.“

Streit um Verzicht von 1953

Die Bundesregierung weist Forderungen nach Reparationen seit Jahren zurück und verweist auf den Verzicht der damaligen Volksrepublik Polen aus dem Jahr 1953. Damals hatte die Regierung unter Bolesław Bierut erklärt, dass Polen auf weitere Zahlungen verzichte. Für Bogucki hat diese Erklärung jedoch keine Gültigkeit. „Die Behörden der Volksrepublik Polen handelten nicht im Interesse des Landes und hatten keine demokratische Legitimation“, sagte er. Deshalb habe sie „international keinerlei Bedeutung“.

Bogucki rief alle politischen Kräfte im Land dazu auf, in dieser Frage an einem Strang zu ziehen. „Alle – von rechts bis links – sollten wir die Sprache der polnischen Interessen sprechen“, sagte er.

Milliardenforderung an Berlin

Während der Regierungszeit der nationalkonservativen PiS hatte ein parlamentarischer Ausschuss im Jahr 2022 einen Bericht vorgelegt, in dem die von Deutschland angeblich geschuldeten Reparationen auf 6,22 Billionen Złoty (umgerechnet mehr als 1,3 Billionen Euro) beziffert wurden. Der damalige Außenminister Zbigniew Rau hatte daraufhin eine diplomatische Note an die Bundesregierung übermittelt.

Die Bundesregierung hält das Thema jedoch für endgültig erledigt. Bundeskanzler Merz sagte bei einem Besuch in Warschau im Mai, die Frage der Reparationen sei für Deutschland rechtlich abgeschlossen.

Unterschiedliche Einschätzungen in Warschau

Auch innerhalb Polens gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Außenminister Radosław Sikorski erklärte Anfang September, es bestehe eine „Meinungsverschiedenheit“ zwischen der Regierung und dem Präsidenten. „Die Regierung ist der Ansicht, dass die Reparationen, die Polen in Potsdam zugesprochen wurden, leider von der Sowjetunion vereinnahmt wurden, während der Präsident glaubt, er werde diese Reparationen noch erlangen. Wir wünschen viel Glück, aber wir sind der Meinung, dass die Sache leider aussichtslos ist“, sagte Sikorski.


PAP/Onet/jc