Premierminister Donald Tusk kommentierte die Zahlen mit Genugtuung. „Ein Jahr patriotischer und kompetenter Regierungsarbeit hat gereicht, damit zum ersten Mal mehr Polen aus Deutschland nach Polen zurückkehren als umgekehrt. Schön, oder?“, schrieb Tusk auf der Plattform X.
Wie Destatis mitteilte, kamen 2024 rund 22.000 Menschen weniger aus Polen nach Deutschland als im Jahr davor. 2023 hatten noch etwa 106.000 Polinnen und Polen Deutschland als Ziel gewählt. In den vergangenen Jahren blieb die Zahl der Zuzüge relativ stabil, doch 2024 ging sie spürbar zurück.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) berichtete im Juli über mögliche Gründe für das geringere Interesse an der Arbeit in Deutschland. „Wenn die Großmutter ständige Pflege brauchte, stellte man eine Polin ein. In der Erntezeit holten wir Rumänen“, schrieb die Zeitung und erinnerte daran, dass es lange als selbstverständlich galt, dass einfache Arbeiten von Menschen aus Osteuropa erledigt wurden. Einige Nationalitäten seien sogar „zum Synonym bestimmter Tätigkeiten“ geworden – ein Zeichen mangelnden Respekts, so die FAZ.
Zwischen 2011 und 2015, also auf dem Höhepunkt der Arbeitsmigration aus Osteuropa, kamen jährlich rund 207.000 Menschen nach Deutschland. Seitdem ist die Zahl laut Zeitung „drastisch gesunken“.
Ausgeschöpftes Potenzial
Der Ökonom und OECD-Experte Thomas Liebig erklärte, das Potenzial der Arbeitsmigration aus Osteuropa sei weitgehend ausgeschöpft. „Diejenigen, die in Deutschland arbeiten wollten, haben es bereits getan“, sagte er. Zudem gebe es in vielen Ländern der Region wegen des demografischen Wandels immer weniger junge Menschen – teils sogar weniger als in Deutschland.
Auch die britische Zeitung „The Times“ berichtete, dass das negative Migrationssaldo zum ersten Mal seit 1989 aufgetreten sei. Die Gründe für die Rückkehr seien vielfältig: Heimweh, die wirtschaftlichen Probleme in Deutschland, die starke Konjunktur in Polen, Frust über Bürokratie und das großzügige Unterstützungsprogramm der polnischen Regierung.
Laut Andrzej Kałuża vom Deutschen Polen-Institut in Darmstadt hat sich die Lage auf dem polnischen Arbeitsmarkt stark verbessert. „In Polen gibt es praktisch keine Arbeitslosigkeit. Viele denken: Selbst wenn ich in Deutschland etwas mehr verdiene, sind dort auch die Kosten höher“, sagte der Experte.
Nach Einschätzung der „Times“ kann ein qualifizierter Facharbeiter in Warschau inzwischen fast so viel verdienen wie in Berlin. Gleichzeitig seien Wohnungen, Lebenshaltungskosten und Kinderbetreuung in der polnischen Hauptstadt deutlich günstiger.
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