Deutsche Redaktion

Umfrage: Fast jeder vierte Pole für EU-Austritt

22.12.2025 07:09
In Polen wächst der Zuspruch für einen Austritt aus der Europäischen Union. Nach einer neuen Umfrage des Instituts United Surveys by IBRiS für das Nachrichtenportal Wirtualna Polska sprechen sich 24,7 Prozent der Befragten dafür aus, in naher Zukunft ein Verfahren zum EU-Austritt einzuleiten. Eine klare Mehrheit von 65,7 Prozent lehnt einen sogenannten Polexit jedoch weiterhin ab.
Fast jeder vierte Pole (24,7 ) befrwortet laut einer aktuellen Umfrage die Einleitung eines EU-Austrittsverfahrens. Eine klare Mehrheit von 65,7  lehnt einen Polexit jedoch weiterhin ab.
Fast jeder vierte Pole (24,7 %) befürwortet laut einer aktuellen Umfrage die Einleitung eines EU-Austrittsverfahrens. Eine klare Mehrheit von 65,7 % lehnt einen „Polexit“ jedoch weiterhin ab.Shutterstock

„Noch vor gut einem Dutzend Jahren war ein EU-Austritt Polens politische Fantasie“, sagte IBRiS-Chef Marcin Duma. Beim EU-Beitrittsreferendum 2003 hätten mehr als 77 Prozent der Wähler für den Beitritt gestimmt, die Unterstützung habe lange bei 80 bis 90 Prozent gelegen. „Heute, zwanzig Jahre nach der Akzession, sind wir an einem völlig anderen Punkt“, betonte Duma.

Besonders ausgeprägt ist der Euroskeptizismus laut Umfrage unter Anhängern der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Dort unterstützen insgesamt 47 Prozent einen EU-Austritt, davon 29 Prozent „entschieden“. Auch unter Wählern der rechtsnationalen Konfederacja liegt die Zustimmung mit 41 Prozent hoch. Deutlich proeuropäisch bleiben dagegen die Anhänger der liberalen und linken Parteien.

„Die stärkste Veränderung hat auf der Rechten stattgefunden“, sagte Duma. „Hier ist der Polexit von einer politischen Kuriosität zu einem Element politischer Identität geworden.“

Auffällig sind auch Unterschiede nach Geschlecht und Alter. Männer befürworten einen Austritt deutlich häufiger als Frauen. Besonders skeptisch gegenüber der EU zeigt sich die Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen, in der bis zu 38 Prozent einen Austritt unterstützen. Die Jüngsten zwischen 18 und 29 Jahren gelten hingegen als klar proeuropäisch.

Die Politikwissenschaftlerin Barbara Brodzińska-Mirowska von der Nikolaus-Kopernikus-Universität in Toruń warnte davor, die Zahlen zu unterschätzen. „Der reine Prozentwert ist noch kein Grund zur Panik“, sagte sie. „Aber der Teufel steckt im Detail.“ Als großes Risiko nannte sie externe Desinformation. „Beim Brexit haben wir gesehen, wie eine Mischung aus Desinformation und Radikalisierung die Stimmung kippen kann.“

Nach Einschätzung der Expertin verliert PiS zudem die Deutungshoheit über EU-skeptische Stimmungen. „Die Kontrolle über diese Emotionen geht zunehmend an offen anti-europäische Kräfte über“, sagte Brodzińska-Mirowska. „Das ist politisch gefährlich.“

„PiS war immer euroskeptisch, klagte über die EU, war aber nicht offen anti-europäisch. Heute verliert die Partei von Jarosław Kaczyński die Kontrolle über dieses Thema an die radikale Rechte – an die Konfederacja oder Grzegorz Braun.”

„Die Kontrolle über gesellschaftliche Emotionen gerät in sehr gefährliche Hände”, warnt die Politikwissenschaftlerin.


wp.pl/IAR/jc