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Jan Lechoń - literarisches Wunderkind und tragische Figur

12.09.2023 09:35
Die Gedichtbände des polnischen Lyrikers Jan Lechoń eröffneten vor hundert Jahren in vielerlei Hinsicht neue Dimensionen. Seine Kollegen bezeichneten ihn als den letzten Vertreter einer politisch engagierten Romantik, die er in der Zweiten Republik eigentlich überwinden wollte. Trotzdem wäre es anmaßend, den politisch-historischen Erfahrungshintergrund aus seinem Werk auszuklammern, insbesondere aus jenen Texten, die nach 1945 entstanden sind.
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Jan Lechoń
Jan LechońNarodowe Archiwum Cyfrowe

Im amerikanischen Exil wurde Lechoń als ein vom patriotischen Geist beseelter Essayist, Polemiker und Satiriker ebenso bewundert wie gefürchtet. Seine meisterhaften Gedichte und Artikel können als politische Konfession interpretiert werden, in die eine kritische Auseinandersetzung mit dem kommunistischen Regime eingegangen ist. Für die in den USA ansässige Polonia war der einstige „Skamandrit“ von unschätzbarem Wert. In seinen Exilschriften entfaltete Jan Lechoń ein konservatives Weltbild, in dem er den Sozrealismus als „Perversion“ und „kulturellen Verrat“ an der polnischen Kultur bezeichnete.

In den New Yorker Kaffeehäusern rang er sich zu einer kämpferischen Position durch. Das Exil bedeutete für ihn jedoch auch einen Schock, der sich zweifelsfrei verstärkte, als sich die Hoffnung auf einen baldigen Zusammenbruch des Kommunismus und eine rasche Rückkehr nach Polen als Illusion erwies. Wojciech Osiński berichtet.