„Polen muss alles tun, um nicht wieder alleine zu bleiben“

Holt Polen jetzt eine alte Prophezeiung ein: Dass es sich zwischen ‚Vater Amerika‘ und ‚Mutter Europa‘ entscheiden muss – und am Ende vielleicht ganz alleine dasteht? Und was könnte den deutsch-polnischen Beziehungen den Schwung verleihen, den sie jetzt eigentlich bräuchten? Darüber sprechen wir mit Polens ehemaligem Botschafter in Deutschland und den USA, Janusz Reiter.

Janusz Reiter

Wojciech Kusiński, Polskie Radio

Polen gibt mehr für Verteidigung aus als jedes andere NATO-Land und gilt in Washington eigentlich als militärischer Musterknabe. Doch beim Ukraine-Gipfel in enger Runde in London blieb der Stuhl für Warschau leer. War das nur ein diplomatischer Unfall? Oder holt Polen jetzt eine alte Prophezeiung ein: Dass es sich zwischen ‚Vater Amerika‘ und ‚Mutter Europa‘ entscheiden muss – und am Ende vielleicht ganz alleine dasteht?

Außerdem: Wenn die Entschädigungsfrage in den deutsch-polnischen Beziehungen “Musik” ist, “zu der alle tanzen”, aber nicht “die Musik unserer Zukunft” - wie kann man das Publikum in Polen zu den neuen Songs überzeugen? Und: Was müssen deutsche Politiker unbedingt über Polen wissen, um zu verstehen, wie das moderne Polen wirklich tickt?

Darüber hat Adam de Nisau mit dem ehemaligen polnischen Botschafter in Berlin und Washington sowie Gründer des Zentrums für Internationale Beziehungen in Warschau, Janusz Reiter gesprochen.

Janusz Reiter

Janusz Reiter spielte als erster polnischer Botschafter im wiedervereinigten Deutschland (1990–1995) eine Schlüsselrolle bei der historischen Aussöhnung und Neugestaltung der Nachbarschaft. Später vertrat er Polen als Botschafter in den USA (2005–2007) und war Sonderbotschafter für Klimawandel. Heute analysiert er als Gründer und Vorstandsvorsitzender des Zentrums für Internationale Beziehungen (CSM) in Warschau die geopolitischen Verschiebungen zwischen Washington, Berlin und Warschau. Er gilt als überzeugter Transatlantiker und mahnende Stimme für Polens Einbindung in den Westen.