Deutsche Redaktion

Lassen wir uns nicht von Biden überraschen

23.09.2019 13:10
Polen hat etwa zwölf Monate, um seine Beziehungen zu seinen ausländischen Partnern auszubalancieren und die Zusammenarbeit mit Deutschland zu stärken, schreibt in der aktuellen Ausgabe die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita.
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Rzeczpospolita: Lassen wir uns nicht von Biden überraschen

Polen hat etwa zwölf Monate, um seine Beziehungen zu seinen ausländischen Partnern auszubalancieren, schreibt in der aktuellen Ausgabe der konservativen Tageszeitung Rzeczpospolita der Publizist Jędrzej Bielecki. Vor allem, so der Autor, sollte die Regierung in Warschau in den kommenden Monaten viel stärker auf eine Verbesserung der Beziehungen zu Deutschland setzen. Der Grund: Falls die Regierungspartei auch die kommenden Wahlen gewinne, sei Berlin bereit, mit Polen eine engere Zusammenarbeit einzugehen und Warschau als einen Schlüsselpartner in der EU zu behandeln. Die geplatzten Hoffnungen auf radikale Reformen in Frankreich, aber auch das Scheitern des geplanten Systems der Aufteilung von Migranten sowie die Untergrabung der europäischen Verteidigungspolitik durch Fort Trump – all das, lesen wir, habe Berlin gezeigt, dass man ein vereinigtes Europa nicht gegen Polen bauen kann. Zu einem ähnlichen Schluss, so der Publizist, sollten nun aber auch die polnischen Politiker in Bezug auf Deutschland kommen. 

Das Land, dem Polen derzeit jedoch am meisten entgegenkomme, sei immer noch Amerika. Und das auf vielen, wenn nicht auf allen Fronten. So würden sich die Politiker der polnischen Regierung von der Zusammenarbeit mit Huawei absegnen, auf die Besteuerung von Computer-Firmen aus den USA verzichten, den Kreuzzug gegen den Iran unterstützen, und auf amerikanische Waffen sowie in hohem Maße auch auf amerikanisches Gas setzen. 

Die Tatsache, dass Trump seine Visite in Polen abgesagt habe und die Demission des Beraters für Sicherheitsfragen John Bolton sollten jedoch in Warschau als Signal verstanden werden, nicht alle Eier in einen Korb zu legen.

Daher, so Bielecki, würden Polen nun zwölf Monate bis zu den Wahlen in den USA bleiben um seine diplomatische Strategie auszubalancieren. Warschau müsse dringend neue Bereiche der Kooperation mit Deutschland in Brüssel finden. Und die Fundamente für einen solchen Neustart, lesen wir, seien zum Glück schon gelegt. Ohne die polnische Unterstützung für Ursula von der Leyen, würde diese heute nicht an der Spitze der EU-Kommission stehen. Zudem hätten es die Diplomatie-Chefs beider Länder geschafft, gute Beziehungen aufzubauen, der geschickte Rückzug aus der Reparationsfrage hätten zu bewegenden Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Ausbruchs des zweiten Weltkriegs mit Präsident Steinmeier und Kanzlerin Merkel geführt. 

Dieser Geist der Mäßigung und Kooperation sollte auch im Falle eines spektakulären Sieges der PiS im Oktober fortgesetzt werden. Denn wenn in Warschau Triumphalismus die Oberhand gewinne, könnte die Überraschung in einem Jahr schmerzhaft ausfallen, wenn Joe Biden US- Präsident werde. Biden habe schon angekündigt, dass der Wiederaufbau des Bündnisses mit Frankreich und Deutschland für ihn eine Priorität sein werde und dass er Regionen, die sich seiner Meinung nach nicht um die Rechtsstaatlichkeit sorgen nicht favorisieren wolle, so Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita. 



Dziennik/Gazeta Prawna: Krieg um die Stimmen der Unternehmer

Über einen sich zunehmend zuspitzenden Krieg um die Stimmen der Unternehmer schreibt in der aktuellen Ausgabe das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Am Wochenende, erinnert die Zeitung, habe die Regierungspartei PiS einen 5-Punkte-Plan für diese Gesellschaftsgruppe vorgestellt, der unter anderem die Last der Sozialabgaben für die Eigentümer von Ich-Ag´s und kleinen Firmen um durchschnittlich 500 zł monatlich mindern soll. Demnach würden Unternehmer mit bis zu 10.000 zł monatlichem Erlös und bis zu 6.000 zł Einkommen die Abgabe für die Sozialversicherungsanstalt ZUS anhand ihres Einkommens berechnen können und nicht wie bisher als Pauschalbetrag. Das ganze Paket, so das Blatt, soll den Staat etwa 4 Milliarden Złoty jährlich kosten. 

Änderungen in den Sozialabgaben, lesen wir weiter, hätten vor diesen Wahlen alle politischen Parteien in ihrem Programm. Nur eines würden sie verschweigen: “Die volle Wahrheit ist, dass niedrigere Sozialabgaben später auch niedrigere Renten bedeuten. Niemand, weder von links noch von rechts, sagt in Bezug darauf die ganze Wahrheit”, betont Leszek Juchniewicz von der Arbeitgeberorganisation Pracodawcy RP im Interview mit Dziennik/Gazeta Prawna. 

 

Gazeta Wyborcza: Der NIK-Chef und die Zuhälter

Affäre um einen der mächtigsten Beamten des aktuellen Regierungslagers. Wie die linksliberale Gazeta Wyborcza unter Berufung auf eine Reportage des privaten TV-Senders TVN schreibt, hat der Chef der Obersten Kontrollkammer NIK und langjährige Vize-Finanzminister sowie Ex-Finanzminister in der Regierung PiS, Marian Banaś offenbar mit seinen Vermögensangaben manipuliert und ein Wohnhaus bewusst an Zuhälter vermietet, die darin ein Sexhotel leiteten. Die Beziehungen von Banaś zu den Mietern, so die Wyborcza, seien offenbar viel enger gewesen, als nur formeller Natur. Denn als der TVN-Reporter an der Rezeption einen Mann mit goldenen Siegelringen beim Geldzählen ertappt habe, habe dieser "Banaś angerufen" und gefragt, was er dem "lästigen Journalisten" sagen solle. Banaś, lesen wir weiter, sei sich offenbar bewusst gewesen, dass sich die Immobilie und die verdächtigen Partner als Belastung für ihn erweisen könnten. Ende Juli habe die Regierung seine Kandidatur für den Vorsitz in der Obersten Kontrollkammer bekanntgegeben. Am 17. August sei der Eigentum des Wohnhauses notariell übertragen worden. Es sei allerdings nicht bekannt, wem Banaś das Haus verkauft habe. Im Grundbuch sei er immer noch als Eigentümer eingetragen, so Gazeta Wyborcza. 


Autor: Adam de Nisau