Deutsche Redaktion

FBI in polnischer Cloud

21.10.2019 14:39
Die Rzeczpospolita sieht die Geheimnisse polnischer Firmen in Gefahr, Gazeta Wyborcza kritisiert die ineffektive Politik der Bürgerplattform und Dziennik/Gazeta Prawna sieht schwarz beim Thema "schwarze Null". Die Einzelheiten in der Presseschau.
Presseschau
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Rzeczpospolita: FBI in polnischer Cloud

Die Geheimnisse polnischer Firmen könnten bald leicht in die Hände amerikanischer Behörden gelangen, warnt in der aktuellen Ausgabe die konservative Rzeczpospolita. Eigentlich, lesen wir im Artikel, sollte die neue öffentliche Cloud, in der sensible Daten heimischer Firmen aufbewahrt werden, garantieren, dass wertvolle Informationen nicht in unberufene Hände gelangen. Das Problem dabei sei aber, dass zum strategischen Partner dieses Projekts kein anderer als Google gewählt worden sei. Im Rahmen der Kooperation, so das Blatt, soll das Unternehmen aus Palo Alto künftig Datenzentren an der Weichsel errichten. Und obwohl alle versichern würden, dass die in Polen aufbewahrten Daten sicher seien, könne man nicht in Ruhe schlafen. Denn der Schlüssel zur “Hintertür” sei in den Händen amerikanischer Behörden. Alles wegen den im letzten Jahr in den USA verabschiedeten Cloud Act. Laut dem Gesetz könne Washington, ohne bilaterale Abkommen unterzeichnen zu müssen, amerikanische Cloud-Betreiber dazu verpflichten, die von ihnen gesammelten Kundendaten offen zu legen. Es würde beispielsweise reichen, wenn das FBI einen solchen Antrag mit Sicherheitsgründen motiviert.

Der Direktor der staatlichen Cloud-Strategie Roman Młodkowski, so Rzeczpospolita, hebe zwar hervor, dass Kunden, die das Sicherheitsniveau anheben wollen, auch rein polnische Infrastruktur werden nutzen können. Und Google versichere, dass es Anträge zur Offenlegung von Daten direkt an die jeweiligen Kunden weiterleiten werde. Doch laut der Juristin Katarzyna Szczudlik sollte man trotz alledem annehmen, dass amerikanische Unternehmen in den vom Cloud Act definierten Situationen solche Daten an die heimischen Behörden weiterleiten werden. All dies im Widerspruch zu in der EU geltenden Vorschriften zum Datenschutz, so Rzeczpospolita. 

 

Gazeta Wyborcza: Bei Zigarren und Wein

Die linksliberale Gazeta Wyborcza kritisiert in der aktuellen Ausgabe indes die ineffektive Politik der größten Oppositionspartei Bürgerplattform. Nach dem Doppelsieg der Recht und Gerechtigkeit 2015, lesen wir im Blatt, habe die Partei schon vier Chancen auf einen Sieg gehabt. Drei davon habe sie schon verschlafen. Wieso sollte es jetzt gelingen, wenn für alle Schlappen dasselbe Team verantwortlich sei, fragt Wyborcza. Bürgerplattformchef Schetyna, lesen wir im Blatt, habe bei der letzten Wahlkampagne durchaus junge, talentierte Politiker im Wahlstab gehabt, sie aber nicht selbstständig arbeiten lassen. Stattdessen hätten alles drei seiner Vertrauten kontrolliert: der Schatzmeister der PO Mariusz Witczak, Generalsekretär Robert Tyszkiewicz und Piotr Borys, alle seit Ewigkeiten an Schetynas Seite. Sie würden vom fünften Stock des Parteisitzes die Strippen ziehen, bei Wein und Zigarren. 

In einer Kampagne, so das Blatt weiter, würden Parolen, Flyer, Wählertreffen, ein Programm und Besuche bei Wählern eben nicht reichen. Es sei ein präziser Plan notwendig, der all diese Aktivitäten in ein kohärentes Ganzes verwandelt. In dieser Kampagne habe jedoch nichts davon funktioniert. Einer der fundamentalen Fehler seien vier Wahlparolen gewesen und das bei einer extrem kurzen Kampagne: “Morgen kann besser sein”, “Wir machen Polen gesund”, “Zusammenarbeit, statt Streit”, “Zusammen sind wir stark” lauteten die Mottos. Ergebnis? Verwirrung. Zudem habe der kopflose Stab diejenigen, die helfen wollten einfach ignoriert. Aus eigenen Quellen wisse das Blatt, lesen wir, das es schon zu Beginn der Regierung PiS 2016 in der Bürgerplattform eine detaillierte, einheitliche Strategie für alle vier Wahlen gab, mit einem Wahlmotto und leichten Modifikationen, die es an die jeweilige Kampagne anpassten. Im Sommer 2018 habe Schetyna die Strategie erhalten. Er habe sie gelobt und dann schnell ad Acta gelegt. Keiner seiner Mitarbeiter könne erklären, wieso, so die Gazeta Wyborcza. 

 

Dziennik/Gazeta Prawna: Schwarze Null? Schon Geschichte

Schwarze Null im Staatshaushalt? Was die polnische Regierung soeben angekündigt habe, sei heute schon Geschichte, schreibt in der heutigen Ausgabe das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Erstens, so die Zeitung, habe das Kabinett Morawiecki bei den Einnahmen aus der Liquidierung der Offenen Investitionsfonds getrickst und statt zweier gleicher Raten für die Jahre 2020-2021, wie ursprünglich geplant, die Einnahmen für das kommende Jahr vergrößert. Zweitens habe die Regierung auch den Plan der 13. Rente nicht im Haushaltsprojekt berücksichtigt und die Auszahlung dieser Finanzspritze für Senioren vom Wahlgewinn abhängig gemacht. Nun, so Dziennik, werde man die Ausgaben-Pläne ergänzen müssen. Schließlich habe Vize-Premierminister Gowin, dessen Partei 18 Abgeordnete im neuen Parlament haben werde, zu verstehen gegeben, dass er die vom Ministerpräsidenten angekündigte Änderung bei der Berechnung der Abgaben an die Sozialversicherungsanstalt ZUS, die dem Staat zusätzliche 5 Milliarden einbringen sollte, nicht unterstützen wird. Wenn die Idee der Liquidierung des bisherigen Limits für die Berechnung der Sozialabgaben nicht realisiert werde und dazu die Auszahlung der 13. Rente komme, werde man das geplante ausgeglichene Budget nicht realisieren können, so Karol Pogorzelski von der Bank ING im Gespräch mit Dziennik/Gazeta Prawna. 

Autor: Adam de Nisau