Deutsche Redaktion

Polen sollte eigene Karten gut ausspielen

07.01.2020 12:06
Mit etwas Geschick könnte Polen in der Iran-Krise einen Teil des in Brüssel verlorenen Vertrauens wiedergewinnen, lesen wir in der Rzeczpospolita. Außerdem geht es auch um die Führungskrise in der größten Oppositionspartei und um das Erfolgsgeheimnis des dritten polnischen Gewinners der Vierschanzen-Tournee. 
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Nach dem langen Wochenende und arbeitsfreien Dreikönigstag analysieren die polnischen Tageszeitungen heute die Konsequenzen der durch die USA durchgeführten Ermordung von General Suleimani am Freitag. 

Rzeczpospolita: Polen sollte eigene Karten gut ausspielen

Die Entscheidung Trumps werde zweifellos weitreichende politische Konsequenzen nach sich ziehen, schreibt in seinem Kommentar für die konservative Rzeczpospolita der Publizist Jędrzej Bielecki. Sie werde unter anderem die Aufmerksamkeit Washingtons von dem Handelskrieg mit China ablenken, der bisher die Priorität der Regierung war. Sie werde den Spielraum Moskaus in der Ukraine vergrößern. Und sie könne auch die Krise in den transatlantischen Beziehungen weiter vertiefen. 

Wie sollte Polen auf all dies reagieren? Als die Regierung vor einem Jahr die Nahostkonferenz in Warschau organisierte, erinnert der Autor, habe Polen versucht, Amerika bei der Ausarbeitung einer Kompromisslösung zu unterstützen, um die iranische Expansion zu stoppen. Und zwar ohne die Rote Linie zu überschreiten, die in den Augen unserer europäischen Verbündeten eine Stellungnahme gegen das Nuklearabkommen mit dem Iran darstellen würde. 

Heute sei zu sehen, dass diese Strategie ineffektiv gewesen sei. Zudem sei Europa erneut nicht in der Lage, sich auf eine gemeinsame Reaktion zu einigen. So habe Emmanuel Macron beispielsweise schon, ohne sich mit den EU-Partnern abzusprechen, dem irakischen Premierminister die französische Unterstützung für die Souveränität des Irak zugesichert. Boris Johnson wolle indes kurz vor dem Brexit keine entschiedene Reaktion riskieren. 

Gleichzeitig, betont Bielecki, gebe es jedoch auch konstruktive Stimmen. EU-Außenminister Josep Borrell habe den irakischen Chefdiplomaten zu Gesprächen nach Brüssel eingeladen. Und um ein Treffen mit den iranischen Spitzenpolitikern bemühe sich auch Deutschlands Außenminister Heiko Maas. 

Das, lesen wir, öffne gewisse diplomatische Möglichkeiten für die Regierung in Warschau. Denn Polen bleibe einer der wenigen EU-Staaten, der gute Beziehungen mit der Administration von Donald Trump bewahrt habe und gleichzeitig eng mit Berlin zusammenarbeite. Auch der Besuch Borrells in Warschau sei gut ausgefallen. Wenn Warschau diese Karten gut nutzt, könne Polen viel des in Brüssel verlorenen Vertrauens zurückgewinnen, spekuliert Jędrzej Bielecki in seinem Kommentar für Rzeczpospolita.

 

Rzeczpospolita: Bürgerplattform in der Krise

Der Verzicht von Parteichef Grzegorz Schetyna auf den Kampf um die Wiederwahl offenbare die wahre Situation in der größten Oppositionspartei, schreibt ebenfalls in der Rzeczpospolita der Publizist Michał Szułdrzyński. Einer Partei, so der Autor, in der die Gegner von Schetyna zwar stark genug gewesen seien, um dessen Wiederwahl zu blockieren, aber zu schwach, um einen gemeinsamen Kandidaten vorzuschlagen, der eine klare Vision für die Zukunft der Partei hätte, die der Recht und Gerechtigkeit wohl als einzige den Fehdehandschuh hätte werfen können. Daher, so Szułdrzyński, sei derzeit sehr schwer vorherzusehen, wer die Bürgerplattform in ein paar Wochen in den entscheidenden Kampf mit Andrzej Duda und dem ganzen PiS-Lager führen werde. Zudem habe die Bürgerplattform die letzten drei Monate, in denen das Regierungslager wiederholt über die eigenen Füße gestolpert sei und mit selbst kreierten Problemen kämpfte, fast vollständig verschlafen. Die Präsidentschaftskandidatin der Bürgerplattform Małgorzata Kidawa-Błońska sei hier leider auch keine Ausnahme. 

All diese Probleme seien auch die Konsequenz von Entscheidungen, die der nun vom Amt scheidende Parteichef Schetyna getroffen habe. Denn dieser habe sich seit 2015 so sehr darauf konzentriert, sich vor einer eventuellen Rückkehr von Donald Tusk in die polnische Politik abzusichern, dass er schließlich die Fähigkeit verlor, die Partei effektiv zu steuern. Und daher müsse die Bürgerplattform heute, statt sich auf den Präsidentschaftswahlkampf vorzubereiten, einer der größten Krisen in ihrer Geschichte die Stirn bieten, so Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita. 

 

Gazeta Wyborcza: Geduldig wie Kubacki

Nach dem Sieg von Dawid Kubacki bei der Vierschanzen-Tournee, bei der er in jedem der vier Wettbewerbe auf dem Podium stand und beim letzten Springen in Bischofshofen schließlich auch den Tagessieg davontrug, machen die Kommentatoren auf dessen eiserne Arbeitsethik aufmerksam. Anders als Adam Małysz oder Kamil Stoch, die vor ihm den Wettbewerb gewonnen hätten, lesen wir in der linksliberalen Gazeta Wyborcza, arbeite sich Kubacki seit Jahren langsam, mit kleinen Schritten aber dafür konsequent an die Spitze. So habe Kubacki seine ersten Punkte im Weltcup erst in seiner sechsten Saison gewonnen. Auf den Weltmeisterschaften der Junioren sei er dreimal mit dabei gewesen und sein bestes Ergebnis sei 2010 der 31. Platz in Hinterzarten gewesen. 

Kubacki, so das Blatt weiter, sei wie eine Frucht. Er reife langsam heran. Kraft habe er schon immer gehabt, doch über Jahre hinweg sei sein größtes Problem eine suboptimale Sprungtechnik gewesen. All dies habe begonnen, sich 2015 zu ändern, als er vom damaligen Trainer Łukasz Kruczek ins B-Kader geschickt wurde. Die Trainer wollten ihm damit einen neuen Impuls geben. Und das habe geklappt, lesen wir. In der Saison 2014/2015 sei Kubacki erst auf Platz 53. im Weltcup gelandet. Mit dem neuen Trainer sei auf Platz 29 gesprungen und habe sich seither stetig verbessert. Kubacki sei zudem auch aus eigenem Willen zur Arbeit mit seiner Psychologin zurückgekehrt, um an seinem Stressmanagement zu arbeiten. Dank der Arbeit mit dem deutschen Trainer Horngacher, der ihn wieder in das erste Kader nahm, habe Kubacki dann einen weiteren Qualitätssprung verzeichnet. Doch auch 2017 habe er noch als einer der schwächsten Punkte des A-Kaders gegolten. Heute gehöre er zu den besten. Kubacki habe nicht aufgegeben, denn er sei einfach jemand, der das Fliegen an sich liebe - er baue seit Jahren Modelle von Flugzeugen, vor kurzem habe er auch eine Segelflieger-Lizenz gemacht. Doch leicht habe er es in dieser Liebe nie gehabt. Bei der Vierschanzen-Tournee sei er in diesem Jahr zum 10. Mal gestartet, so Gazeta Wyborcza.  


Autor: Adam de Nisau