Deutsche Redaktion

Virus der Einsamkeit

16.03.2020 11:26
Die Presse in Polen beschreibt heute ein Phänomen, dass bilsnag in Bezug auf das Coronavirus übersehen wurde. 
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DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Das andere Gesicht des Coronavirus 

Was uns in den kommenden Monaten erwarte sei eine Pandemie der Einsamkeit und Angst, prophezeit die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Die Tatsache, dass COVID-19 weitgehende Probleme wirtschaftlicher Natur verursachen werde sei bereits klar. Manche Branchen würden jetzt schon klagen, dass die Ausbreitung der Krankheit sie in ernste Probleme gestürzt habe. Was aber bald eintreten könne, sei auch eine gesellschaftliche Rezession, schreibt das Blatt.

Die Isolierung von anderen Menschen solle zu Beschränkung der Krankheit beitragen, sie könnte zugleich eine Welle von Einsamkeit als Nebeneffekt mit sich bringen. Eine gesellschaftliche Rezession bedeute den Zusammenbruch von sozialen Kontakten, der vor allem ältere Personen, Behinderte sowie dauerhaft kranke Menschen schwer treffen könnte. Diese Gruppen seien sowieso von Isolierung und Einsamkeit besonders oft betroffen. Geht es nach dem Blatt, sei die Einsamkeit tödlich. Noch vor dem Ausbruch der Epidemie des Coronavirus habe ein Viertel der Senioren in den Vereinigten Staaten unter mangelnden zwischenmenschlichen Kontakten gelitten. Über 40 Prozent der amerikanischen Senioren habe sich beschwert, sie würden sich einsam und verlasen fühlen. Die Sicherheitsvorkehrungen, die in Bezug auf die Vorbeugung von Coronavirus unternommen worden seien, könnten diese Tendenz noch verstärken. Dabei könne die Einsamkeit sogar zum vorzeitigen Tod beitragen.

Die Folgen des Alleinseins seien verblüffend, schreibt das Blatt weiter. Im Falle von einsamen Menschen verdoppele sich die Gefahr der Demenz, viel wahrscheinlicher werden Herzkrankheiten und Krebs, die allgemeine physische und psychische Form des Menschen verschlechtere sich rapide. Bislang habe man diesen Aspekt noch nicht unter die Lupe genommen, doch man sollte bei der Bekämpfung von Coronavirus auch diese Problematik in Betracht ziehen, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.

RZECZPOSPOLITA: Einstimmigkeit ist lähmend 

Die Tageszeitung Rzeczpospolita veröffentlicht in der neuen Ausgabe ein Interview mit dem Bundesaußenminister Heiko Maas. Das Gespräch wurde von vier Journalisten aus den Visegrad-Staaten – das heißt: Ungarn, Tschechien, Polen und der Slowakei – durchgeführt. Es geht um die Zukunft der Europäischen Union sowie die wiederkehrende Flüchtlingskrise. Nach Auffassung von Maas brauche die Europäische Union Einigkeit in der Außenpolitik. Somit könnte die Staatengemeinschaft in Krisensituationen schneller reagieren. Die Regel der Einstimmigkeit gebe jedem Mitgliedsstaat de facto die Möglichkeit eines Vetos. Dadurch können wiederum nationale Egoismen die gesamte europäische Außenpolitik lähmen. Man sollte daher einen Mechanismus ausarbeiten, der es ermöglichen würde, bei allen bestehenden und verständlichen Unterschieden, gemeinsame Lösungen voranzutreiben. Das Mehrheitsprinzip würde die Möglichkeit einer Blockade wegschaffen, vielmehr müssten sich dann die Mitgliedsstaaten aktiv in die europäischen Verhandlungen einschalten, meint Heiko Maas.

Auf die Frage, wieso Ungarn vor fünf Jahren wegen seiner entschlossenen Haltung in der Migrationskrise sehr scharf angegriffen wurde und nun Griechenland, das Flüchtlinge aus der Türkei auf das eigene Territorium nicht einlassen wolle, volle Unterstützung der EU bekomme, antwortet der deutsche Politiker ausweichend. Europa brauche beides, sagt Maas. Das heißt sowohl eine klare und geregelte Lage an den Außengrenzen der EU, sowie würdige Lebensbedingungen für alle bedürftigen Menschen die Unterstützung benötigen. Griechenland brauche dringende Hilfe, damit es die Situation auf den Inseln, sowie an der Grenzen mit der Türkei unter Kontrolle bekomme. Deutschland stehe solidarisch an der Seite Griechenlands. Darüber hinaus müsse man auch die bisherigen Bemühungen der Regierungen in Athen in Bezug auf die Migrationskrise hervorheben, betont Bundesaußenminister Heiko Maas in Gespräch mit der Rzeczpospolita.

SUPER EXPRESS: Kaczyński hört auf Bischöfe nicht 

Von einem Parteianführer könnte man schon erwarten, dass er gutes Beispiel gebe. Das habe PiS-Chef Jarosław Kaczyński nicht getan, stellt die Tageszeitung Super Express fest. Wegen der Epidemie des Coronavirus hätten polnische Bischöfe den Gläubigen Dispens erteilt. Die Katholiken in Polen dürfen nun die Sonntagsmesse nicht persönlich besuchen, sondern im Rundfunks oder im Fernsehen verfolgen, erinnert das Blatt. Kaczyński sei diesen Anweisungen nicht gefolgt. Am Sonntag habe er die Mittagsmesse in der Benno-Kirche in der Warschauer Neustadt besucht. Stellvertretender Sprecher der Partei wollte sich zu diesem Thema nicht äußern. Die Teilnahme am Gottesdienst und andere religiöse Praktika gehörten der privaten Sphäre eines jeden Menschen. Dies beziehe sich auch auf aktive Politiker oder Parteimitglieder, deshalb werde er das Verhalten des Parteivorsitzenden nicht kommentieren, sagte Radosław Fogiel, stellvertretender Sprecher der Partei PiS im Gespräch mit dem Blatt Super Express.

Jakub Kukla